Definition: Bei der Campylobacter-Infektion handelt es sich um eine beim Menschen durch gram-negative Stäbchenbakterien (humanpathogene Spezies sind insbesondere Campylobacter jejuni und selten coli) ausgelöste fieberhafte Enteritis. 

 

Epidemiologie:

→ I: Campylobacter jejuni und coli sind weltweit im Darm vieler Tiere vorkommende Bakterien (= Zoonose); das Hauptreservoire sind u.a. Nutztiere v.a. Hühner und Haustiere, etc.

→ II: Insbesondere Campylobacter jejuni (90% der Fälle) verursachen 15% der infektiösen Enteritiden (in Deutschland ist dieser Keim inzwischen der häufigste Erreger akuter infektiöser Diarrhö), wobei vor allem Kleinkinder und junge Erwachsene betroffen sind.

→ III: Sie tritt vermehrt saisonal im Frühsommer bis Sommer (endemisch in Entwicklungsländern) auf.

 

Ätiopathogenese: Die Infektion mit dem Campylobacter erfolgt oral durch Aufnahme kontaminierter Nahrungsmittel (Wasser, Milch, Geflügel, Fleisch allgemein, etc.) oder fäkal-oral von Mensch-zu-Mensch, die jedoch sehr selten ist; nur eine geringe Erregerdosis kann zu einer infektiösen Diarrhö führen, jedoch erkrankt klinisch nur ein geringer Prozentsatz. Nach Magenpassage vermehren sich die Bakterien im proximalen Dünndarm und dringen anschließend in die Mucosa von Dünndarm und evtl. auch Kolon ein, wo sie Zytokine und Enterotoxine freisetzen und eine Enteritis mit konsekutiver Schleihautdestruktion auslösen (das gebildete Enterotoxin ist hitzelabil und ähnelt strukturell wie funktionell dem Cholera-Toxin).

→ I: Die Inkubationszeit bei der Campylobacter-Infektion beträgt zumeist 2-7 Tage.

→ II: Die Infektiösität des Betroffenen liegt zwischen 5-10 Tagen.

 

Klinik: Die klinische Symptomatik ist sehr variabel (Infizierte müssen nicht erkranken).

→ I: Prodromi: Mit Fieber (bis 40C°), Kopf- und Gliederschmerzen, Myalgien, Abgeschlagenheit, Schwindel und evtl. Meningismus.

→ II: Leitsymptome sind Diarrhö sowie ein intensiver kolikartiger periumbilikaler Schmerzen mit Ausstrahlung in den rechten Unterbauch, Übelkeit und Erbrechen sowie wässrig-schleimige, z.T. auch blutige Diarrhöen. In 30% der Fälle verläuft die Erkrankung monosymptomatisch ausschließlich mit abdominellen Schmerzen.

→ III: Extraintestinale Symptome: Sind u.a.:

→ 1) Auge: Mit Konjunktivitis, Iritis und Uveitis.

→ 2) Haut: Utikaria und Erythma nodosum.

3) ZNS: Meningitis und Guillain-Barre-Syndrom.

4) Weitere Symptome bzw. Folgeerkrankungen sind u.a. Cholezystitis, Begleitnephritis und -pankreatitis sowie eine postinfektiöse reaktive Arthritis.

IV: Krankheitsverlauf: Die Campylobacter-Enteritis ist zumeist selbstlimitierend und heilt nach etwa einer Woche aus. Jedoch existieren auch chronisch-protrahierte Krankheitsverläufe (10-20%) insbesondere bei immundefizienten Patienten. In bis zu 10% der Fälle manifestieren sich Rezidive.

940 Wichtige Aspekte der Campylobacter Infektion

 

Diagnose:

→ I: Anamnese/klinische Untersuchung: Mit Darstellung der charakteristischen klinischen Symptome wie kolikartige Schmerzen, Diarrhö, Fieber, etc. Der Auskultationsbefund zeigt eine vermehrte Peristaltik.

→ II: Labor: Im Vordergrund stehen die Stuhlkulturen, da der Campylobacter noch mehrere Wochen lang nach Infektion im Stuhl nachweisbar sein können.

→ 1) Eine positive Leukozyten-Ausscheidung im Stuhl spricht für eine ausgeprägte Enteritis.

2) Bei septischen Krankheitsverläufen sind Blutkulturen obligat.

→ 3) Besteht eine reaktive Arthritis oder ein Guillain-Barre-Syndrom ist ein serologischer Nachweis (nach durchgemachter Infektion) indiziert.

→ III: Endoskopie: Charakteristisches endskopisches Bild bei der Campylobacter-Enteritis sind große und tiefe Valvula-Ulzera. Auch können sich crohn-artige und peudomembranöse Merkmale (Morbus Crohn, pseudomembranöse Kolitis) darstellen. Bei milderen Verlaufsformen ist nur der Dünndarm betroffen.

 

Differenzialdiagnose: Von der Campylobacter-Enteritis müssen insbesondere nachfolgende Erkrankungen abgegrenzt werden.

→ I: Infektiöse Enteritis anderer Genese z.B. Samonellen, Noroviren, Listeriose, Yersinien- und Shigellen-Enteritis, aber auch Appendizitis, etc.

II: Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen insbesondere Morbus Crohn und Colitis ulcerosa.

III: Weitere Erkrankungen wie pseudomembranöse Kolitis, Colon irritabile, etc.

 

Therapie: Die Campylobacter Enteritis ist zumeist selbstlimitierend und bedarf in der Regel keiner medikamentösen Behandlung.

→ I: Häufig sind Flüssigkeits- und Elektrolytsubstitution ausreichend.

II: Bei keinen Kindern, alten und immunsuppremierten (z.B. bei HIV) Patienten ist insbesondere bei schweren Krankheitsverläufen die Applikation von Erythromycin (20-30mg/kgKG/d) intravenös für 4-5 Tage oder ein Gyrasehemmer als orale Medikation indiziert. Bei septischen Krankheitsverläufen wird Erythromycin (oder Tetracycline) mit Gentamicin kombiniert.

 

Klinisch-relevant: Die Chinolon-Resistenz hat bei der Campylobacter-Enteritis in den letzten Jahren deutlich zugenommen.

 

Prophylaxe: Wie bei anderen Formen der infektiösen Gastroenteritis besteht auch bei der Campylobacter Infektion eine Meldepflicht. Im Vordergrund der Hygiene-Maßnahmen steht die Unterbrechung der Übertragungswege durch adäquate Reinigung der Lebensmittel, Händewaschen, etc.