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- Geschrieben von: CF
- Kategorie: Infektiöse Darmerkrankungen
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→ Definition: Bei der Listeriose handelt es sich um eine weltweit vorkommende durch Listeria monocytogenes ausgelöste Infektionskrankheit mit sehr variablem Krankheitsbild. Die Listerien stellen gram-positive, relativ kälteresistente, fakultativ intrazelluläre Stäbchenbakterien dar.
→ Epidemiologie:
→ I: Bei den Listeria monocytogenes sind insbesondere die Serovare 1, 2a und 4b als Krankheitserreger von besonderer Bedeutung.
→ II: In den europäischen Ländern liegt die Inzidenz in der Normalbevölkerung bei 0,7/100000 pro Jahr, wobei v.a. ältere Menschen ein deutlich erhöhtes Risiko haben.
→ Ätiopathogenese: Die Listeria monocytogenes sind weltweit in vielen Tierarten verbreitet, zudem können sie auch im Boden, im Wasser und Abwasser nachgewiesen werden (der Erreger kann sich noch bei 4°C vermehren):
→ I: Der Mensch infiziert sich überwiegend durch die Aufnahme von infizierten, nicht-erhitzten tierischen Lebensmitteln (Fleischwaren, Rohmilch, Milchprodukten, Gemüsen). Eine Übertragung durch den direkten Tierkontakt sowie eine Mensch-zu-Mensch Übertragung ist sehr selten.
→ II: Nach oraler Aufnahme vermehren sich die Bakterien intrazellulär insbesondere im Darmepithel, aber auch in den Makrophagen.
→ III: Bei schweren Krankheitsverläufen kommt es zur hämatogenen Generalisierung vorzugsweise mit Befall der Leber, Meningen und bei Schwangeren der Plazenta.
→ IV: Prädisponierende Faktoren: Für einen schweren Krankheitsverlauf sind u.a.:
→ 1) Immunsuppression durch z.B. Kortikoid-Therapie oder hämatologische Erkrankungen, Transplantation, Leberzirrhose, Diabetes etc.
→ 2) Hohes Lebensalter und
→ 3) Schwangerschaft prädisponierend.
→ Klassifikation: Bei der Listeriose wird je nach Eintrittspforte und Immunstatus des Patienten zwischen einer lokalen und systemischen Listeriose unterschieden:
→ I: Lokale Listeriose: Sie ist zumeist berufsbedingt (Fleischer, Molkereifachkräfte) beim Umgang mit infizierten Lebensmitteln. Klinisch zeigt sich in der Regel neben einer lokal eitrigen Entzündung eine Anschwellung der lokoregionären Lymphknoten. Es werden abhängig von der Eintrittspforte 3 Subtypen unterschieden:
→ II: Systemische Listeriose: Patienten mit einer systemischen Listeriose sind überwiegend immunsupprimiert (Alte Menschen, Neugeborene, Transplantierte, etc.). Hierbei stellt der Darm über die Aufnahme kontaminierter Nahrungsmittel die Eintrittspforte dar.
→ 1) Charakteristischerweise dringen die Erreger entweder über die M-Zellen der Peyer-Plaques des Dünndarms oder durch direkte Invasion von Enterozyten in den Organismus. Nach Vermehrung in den regionären Lymphknoten gelangen die Listerien über den Ductus thoracicus in den Blutkreislauf.
→ 2) Der wichtigste Virulenzfaktor der L. monocytogenes ist das Listeriolysin, ein cholesterolabhängiges Zytolysin. Es erzeugt Poren in den Membranen von Phagosomen und somit einen freien Zugang zum Zytoplasma. Nach Eintritt ins Zytoplasma führt die polare Bindung eines aktinbindenden Proteins zur Anhäufung wirtszellulären Aktins und induziert darüber Ausstülpungen zwischen benachbarten Zellen. Über diesen Mechanismus erfolgt die Ausbreitung des Erregers innerhalb der Zellen ohne in Kontakt mit der extrazellulären Abwehr zu treten. Dies wird als "intrazellulärer Parasitismus" bezeichnet.
→ Klinik: Die Inkubationszeit kann (überwiegend) 24 Stunden bis einige Tage betragen (aber auch unbestimmt erst nach Wochen auftreten). Personen mit in
taktem Immunsystem erkranken vermutlich nur nach Infektion mit großen Erregermengen.
→ I: Die manifeste Listeriose zeigt grippeähnliche Symptome mit Müdigkeit, Muskelschmerzen, Fieber sowie gastrointestinale Symptome wie Bauchschmerzen, Übelkeit, Erbrechen Diarrhö.
→ II: Die Listeriose in der Schwangerschaft verläuft zumeist asymptomatisch, evtl. manifestieren sich grippeähnliche Symptome; jedoch ist eine transplazentäre Übertragung (= intrauterine Infektion) auf den Fetus bzw. Embryo möglich. Folgen sind u.a. Abort, Früh- oder Todgeburt, Neugeborenensepsis (Granulomatosis infatiseptica) und Neugeborenenmeningitis bzw. -meningoenzephalitis.
→ III: Komplikationen: Es besteht bei der Listeriose immer die Gefahr einer:
→ 1) Sepsis: Weist eine Letalität von bis zu 50% auf und kann über die bakteriämische Streuung zu einer Meningitis führen.
→ 2) Meningitis: (Letalität bei bis zu 40%) Listerien rufen eine eitrige Meningitis hervor, nicht selten zeigen sich zusätzliche enzephalitische Symptome. So sind die Rhombenzephalitis (Befall der Hirnnerven VI, VII und IX) sowie der Hirnabszess gefürchtete Komplikationen.
→ 3) Aber es kann auch im Rahmen der Bakteriämie zum Befall der Herzklappen sowie weiterer Organe kommen.
→ Diagnose: Diagnostisches Mittel der Wahl hierbei ist die Anzucht des Erregers in Blut oder anderen Körpersekreten (z.B. Liquor, Fruchtwasser, etc.). Insbesondere der Liquor kann purulent sein, oft jedoch enthält er nur 300-1000 Zellen/µl. Mononukleäre Zellen können überwiegen.
→ Differenzialdiagnose: Von der Listeriose müssen insbesondere nachfolgende Erkrankungen abgegrenzt werden:
→ I: Infektiöse Darmerkrankungen anderer Genese z.B. Campylobacter-Enteritis, Yersinien-Enteritis, Shigellen-Enteritis, enteroinvasive E.coli-Infektion, pseudomembranöse Kolitis, aber auch Appendizitis, Colitis ulcerosa, Morbus Crohn, etc.
→ II: In Frage kommen generalisierte Erkrankungen wie die Toxoplasmose, bakterielle Meningitis anderer Genese, Virusenzephalitis, Mononukleose, etc.
→ III: Zur kutanen Listeriose sind u.a. Dermatitiden durch Infektionen mit Streptokokken, Staphylokokken, Candida albicans, etc. abzugrenzen.
→ Therapie: Eine Impfung besteht bei der Listeriose bis heute nicht, sodass präventive Maßnahmen im Vordergrund stehen:
→ I: Prophylaxe: Einhaltung der Hygienemaßnahmen beim Umgang sowie Verarbeitung (Braten, Kochen, Pasteurisieren) von Lebensmitteln. Insbesondere Risikogruppen sollten auf den Verzehr von Rohmilch, rohen Fleisch- und Wurstwaren verzichten; auch sollten Gemüse, Obst und Salate vor Zubereitung gründlich gewaschen werden.
→ II: Medikamentöse Therapie: Mittel der Wahl bei der Listeriose ist das Amoxicillin für mindestens 2 Wochen. Eine Kombination mit einem Aminoglykosid (z.B. Gentamycin) ist bei schweren Krankheitsverläufen mit Meningitis indiziert. Besteht eine ß-Lactam-Unverträglichkeit stellt Cotrimoxazol eine Alternative dar.
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- Geschrieben von: CF
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→ Definition: Bei der Campylobacter-Infektion handelt es sich um eine beim Menschen durch gram-negative Stäbchenbakterien (humanpathogene Spezies sind insbesondere Campylobacter jejuni und selten coli) ausgelöste fieberhafte Enteritis.
→ Epidemiologie:
→ I: Campylobacter jejuni und coli sind weltweit im Darm vieler Tiere vorkommende Bakterien (= Zoonose); das Hauptreservoire sind u.a. Nutztiere v.a. Hühner und Haustiere, etc.
→ II: Insbesondere Campylobacter jejuni (90% der Fälle) verursachen 15% der infektiösen Enteritiden (in Deutschland ist dieser Keim inzwischen der häufigste Erreger akuter infektiöser Diarrhö), wobei vor allem Kleinkinder und junge Erwachsene betroffen sind.
→ III: Sie tritt vermehrt saisonal im Frühsommer bis Sommer (endemisch in Entwicklungsländern) auf.
→ Ätiopathogenese: Die Infektion mit dem Campylobacter erfolgt oral durch Aufnahme kontaminierter Nahrungsmittel (Wasser, Milch, Geflügel, Fleisch allgemein, etc.) oder fäkal-oral von Mensch-zu-Mensch, die jedoch sehr selten ist; nur eine geringe Erregerdosis kann zu einer infektiösen Diarrhö führen, jedoch erkrankt klinisch nur ein geringer Prozentsatz. Nach Magenpassage vermehren sich die Bakterien im proximalen Dünndarm und dringen anschließend in die Mucosa von Dünndarm und evtl. auch Kolon ein, wo sie Zytokine und Enterotoxine freisetzen und eine Enteritis mit konsekutiver Schleihautdestruktion auslösen (das gebildete Enterotoxin ist hitzelabil und ähnelt strukturell wie funktionell dem Cholera-Toxin).
→ I: Die Inkubationszeit bei der Campylobacter-Infektion beträgt zumeist 2-7 Tage.
→ II: Die Infektiösität des Betroffenen liegt zwischen 5-10 Tagen.
→ Klinik: Die klinische Symptomatik ist sehr variabel (Infizierte müssen nicht erkranken).
→ I: Prodromi: Mit Fieber (bis 40C°), Kopf- und Gliederschmerzen, Myalgien, Abgeschlagenheit, Schwindel und evtl. Meningismus.
→ II: Leitsymptome sind Diarrhö sowie ein intensiver kolikartiger periumbilikaler Schmerzen mit Ausstrahlung in den rechten Unterbauch, Übelkeit und Erbrechen sowie wässrig-schleimige, z.T. auch blutige Diarrhöen. In 30% der Fälle verläuft die Erkrankung monosymptomatisch ausschließlich mit abdominellen Schmerzen.
→ III: Extraintestinale Symptome: Sind u.a.:
→ 1) Auge: Mit Konjunktivitis, Iritis und Uveitis.
→ 2) Haut: Utikaria und Erythma nodosum.
→ 3) ZNS: Meningitis und Guillain-Barre-Syndrom.
→ 4) Weitere Symptome bzw. Folgeerkrankungen sind u.a. Cholezystitis, Begleitnephritis und -pankreatitis sowie eine postinfektiöse reaktive Arthritis.
→ IV: Krankheitsverlauf: Die Campylobacter-Enteritis ist zumeist selbstlimitierend und heilt nach etwa einer Woche aus. Jedoch existieren auch chronisch-protrahierte Krankheitsverläufe (10-20%) insbesondere bei immundefizienten Patienten. In bis zu 10% der Fälle manifestieren sich Rezidive.
→ Diagnose:
→ I: Anamnese/klinische Untersuchung: Mit Darstellung der charakteristischen klinischen Symptome wie kolikartige Schmerzen, Diarrhö, Fieber, etc. Der Auskultationsbefund zeigt eine vermehrte Peristaltik.
→ II: Labor: Im Vordergrund stehen die Stuhlkulturen, da der Campylobacter noch mehrere Wochen lang nach Infektion im Stuhl nachweisbar sein können.
→ 1) Eine positive Leukozyten-Ausscheidung im Stuhl spricht für eine ausgeprägte Enteritis.
→ 2) Bei septischen Krankheitsverläufen sind Blutkulturen obligat.
→ 3) Besteht eine reaktive Arthritis oder ein Guillain-Barre-Syndrom ist ein serologischer Nachweis (nach durchgemachter Infektion) indiziert.
→ III: Endoskopie: Charakteristisches endskopisches Bild bei der Campylobacter-Enteritis sind große und tiefe Valvula-Ulzera. Auch können sich crohn-artige und peudomembranöse Merkmale (Morbus Crohn, pseudomembranöse Kolitis) darstellen. Bei milderen Verlaufsformen ist nur der Dünndarm betroffen.
→ Differenzialdiagnose: Von der Campylobacter-Enteritis müssen insbesondere nachfolgende Erkrankungen abgegrenzt werden.
→ I: Infektiöse Enteritis anderer Genese z.B. Samonellen, Noroviren, Listeriose, Yersinien- und Shigellen-Enteritis, aber auch Appendizitis, etc.
→ II: Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen insbesondere Morbus Crohn und Colitis ulcerosa.
→ III: Weitere Erkrankungen wie pseudomembranöse Kolitis, Colon irritabile, etc.
→ Therapie: Die Campylobacter Enteritis ist zumeist selbstlimitierend und bedarf in der Regel keiner medikamentösen Behandlung.
→ I: Häufig sind Flüssigkeits- und Elektrolytsubstitution ausreichend.
→ II: Bei keinen Kindern, alten und immunsuppremierten (z.B. bei HIV) Patienten ist insbesondere bei schweren Krankheitsverläufen die Applikation von Erythromycin (20-30mg/kgKG/d) intravenös für 4-5 Tage oder ein Gyrasehemmer als orale Medikation indiziert. Bei septischen Krankheitsverläufen wird Erythromycin (oder Tetracycline) mit Gentamicin kombiniert.
→ Klinisch-relevant: Die Chinolon-Resistenz hat bei der Campylobacter-Enteritis in den letzten Jahren deutlich zugenommen.
→ Prophylaxe: Wie bei anderen Formen der infektiösen Gastroenteritis besteht auch bei der Campylobacter Infektion eine Meldepflicht. Im Vordergrund der Hygiene-Maßnahmen steht die Unterbrechung der Übertragungswege durch adäquate Reinigung der Lebensmittel, Händewaschen, etc.