Definition: Bei der Hepatitis A handelt es sich um eine Infektion der Leber mit dem Hepatitis-A-Virus, einem RNA-Enterovirus aus der Gruppe der Picorna-Viren.

 

Epidemiologie: Die Zahl der Neuerkrankungen liegt in Deutschland bei 30-40/100000/Jahr. Besonders betroffen sind Urlaubsrückkehrer aus Ländern mit geringen hygienischen Verhältnissen (z.B. der Türkei), aus endemischen Gebieten mit einer hohen Durchseuchung wie Mittelamerika, Afrika, Asien, sowie Osteuropa, aber auch Personal in Kliniken, Schulen und Kindergärten und nicht zuletzt Homosexuelle sowie Drogenabhängige (intravenös), etc. Es besteht bei der Hepatitis-A-Infektion eine Meldepflicht hinsichtlich Erkrankung und Tod.

 

Übertragung: Die Infektionsübertragung verläuft meist fäkal-oral, über Fäkalien, ungewaschene, rohe Lebensmittel (Salat, Gemüse, Meeresfrüchte insbesondere Muscheln, etc.), aber auch über verunreinigtes Wasser; sehr selten aber auch parenteral bei i.v. Drogenabhängigen oder durch anal-oralen Kontakt. 

 

Klinisch-relevant:

→ A) Die Inkubationszeit beträgt 15-50 Tage (3-6 Wochen).

B) Die Infektiösität entspricht dem Zeitraum der Hepatitis-A-Virus Ausscheidung im Stuhl, d.h. 2 Wochen vor bis 2 Wochen nach Krankheitsbeginn.

548 WIchtige Fakten der Hepatitis A Infektion

 

Klinik: Insbesondere bei älteren Patienten manifestiert sich ein symptomreicher Krankheitsverlauf.

→ I: Allgemein: Die Hepatitis A verläuft nie chronisch und führt somit nicht zu einer Leberzirrhose bzw. einem hepatozellulären Karzinom. In 60-70% der Fälle manifestieren sich beim Erwachsenen Symptome einer akuten Virushepatitis; insbesondere bei Kindern < dem 5. Lebensjahr verläuft sie überwiegend asymptomatisch (> 90% der Fälle).

II: Klinisch-symptomatisch: Die klinische Symptomatik tritt zumeist abrupt ca. mit einer Latenz von 3-4 Wochen nach der Infektion auf. Weisen charakteristischerweise 2 Stadien auf: 

→ 1) Prodromalstadium: Hier findet man grippale Symptome, wie Müdigkeit, Abgeschlagenheit, Arthralgien, Inappetenz, Übelkeit, Erbrechen, Diarrhoe und subfibrile Temperaturen über mehrere Tage.

2) Stadium der Organmanifestation: Mit Hepatomegalie, evtl. Lymphknotenschwellung und selten Splenomegalie. Dieses Stadium wird nochmals unterteilt in:

→ A) Anikterischer Verlauf: Mit 90% die häufigste Verlaufsform und

→ B) Ikterischer Verlauf: Mit Ikterus, dunklem Urin, hellem Stuhl und Pruritus durch Cholestase. Die Dauer der ikterischen Phase beträgt zumeist weniger als 2 Wochen.

 

Komplikationen:

→ I: Cholestatische Verlaufsform: Findet sich in 5% der Fälle mit starkem Anstieg des Bilirubins, der Cholestaseparameter, AP (= Alkalische Phosphatase), yGT (Gamma-Glutamyltranspeptidase) sowie LAP (Leucin-Amino-Peptidase) bei nur mäßig erhöhten Transaminasen. Die Prognose hier ist meist gut.

II: Protrahiert verlaufende Hepatitis: Hierbei zeigt sich ein konstanter Transaminaseanstieg von GOT (= AST: Aspartat-Aminotransferase) und GPT (= ALT: Alanin-Aminotransferase) über einen Zeitraum von > 3 Monaten. 

III: Fulminante Verlaufsform: Mit 0,2% der Fälle sehr selten. Hierbei existiert eine charakteristische Symptomtrias, bestehend aus (Zeichen eines akuten Leberversagens):  

1) Ikterus,

→ 2) Gerinnungsstörungen und

→ 3) Bewusstseinsstörungen.

→ IV: Weitere mögliche Komplikationen bei der Hepatitis A sind u.a.:

→ 1) Auftreten eines nephrotischen Syndroms im Rahmen einer mesangioproliferativen Glomerulonephritis.

→ 2) Die Auslösung einer Autoimmunhepatitis bei prädisponierten Patienten wird diskutiert.

 

Diagnose:

→ I: Anamnese; gerade auch Urlaubsanamnese. 

→ II: Virusserologie:

→ 1) Frische Infektion: Nachweis von Anti-HAV-IgM.

→ 2) Frühere Infektion: Nachweis von Anti-HAV-IgG (diese bleiben ein Leben lang positiv).

556 Laborchemischer Verlauf der HAV Infektion

III: Labor:

→ 1) Erhöhung der Entzündungsparameter wie CRP, BSG und Leukozytose,

→ 2) Anstieg der Transaminasen (> 500U/l), wobei GPT > GOT.

→ 3) De-Ritis-Quotient < 1,

→ 4) Als Folge einer Leberzellnekrose kommt es zum Anstieg von Eisen und Kupfer.

→ 5) Bei ikterischen Verlauf: Erhöhung des Gesamt-Bilirubins bis auf 40mg/dl. 

6) Eine Erhöhung von yGT, AP und LAP spricht für eine cholestatische Verlaufsform.

→ 7) Bei  der fulminanten Verlaufsform manifestiert sich ein charakteristischer Abfall von:

→ A) Cholinesterase,

→ B) Quick und Faktor V (Syntheseleistung).

→ C) Serumalbumin.

 

Differenzialdiagnose: Von der Hepatitis-A-Infektion müssen insbesondere nachfolgende Erkrankungen abgegrenzt werden:

→ I: Virusinfektionen:

1) Andere Virushepatitiden insbesondere die Hepatitis-B, Hepatitis-C und Hepatitis-D oder Hepatitis-E.

549 Differenzierung der viralen Hepatitistypen

2) Herpes-Virus Infektionen: Wie CMV, EBV, Herpes-Simplex-Virus.

→ II: Bakterielle-Infektionen: Brucellose, Q-Fieber durch Coxiella burnetii, Leptospirose wie der Morbus Weil mit Hepatitis und Nephritis.

→ III: Parasitäre Infektionen: wie Echinokokkose, Malaria, Bilharziose.

IV: Hepatitis durch Noxen: Wie Medikamente und Alkohol.

→ V: Andere Lebererkrankungen: Wie die Autoimmunhepatitis, primär biliäre Zirrhose, Morbus Wilson und weitere hereditäre Stoffwechselerkrankungen.

 

Therapie: Die akute Hepatitis A wird symptomatisch behandelt.

→ I: Symptomatische Therapie:

→ 1) Isolation von Kindern und Stuhl-inkontinenten Patienten.

→ 2) Körperliche Schonung evtl. Bettruhe,

→ 3) Vermeiden von Noxen wie Alkohol oder hepatotoxische Medikamente etc.

→ 4) Der Einsatz von Kortikosteroiden ist zumeist kontraindiziert, da es die Viruselimination erschwert. Ausnahme stellt die primär cholestatische Hepatitis dar bei der eine kurzfristige Steroidtherapie mit einer Dosis von 30mg/d und rapider Ausschleichung innerhalb von 3 Wochen indiziert ist.

→ 5) Bei der fulminaten Verlaufsform ist eine intensivmedizinische Beobachtung obligat und nur selten muss eine Lebertansplantation erwogen werden.

II: Prophylaxe:

 1) Einhalten von hygienischen Richtlinien, wie Waschen der Hände, der Nahrungsmittel, vorsichtiger Umgang mit  Ausscheidungen und Blutprodukten etc.

→ 2) Präventiv existiert hierbei sowohl eine passive (mit HAV-Immunglobulinen) als auch aktive Immunisierung (inaktivierte HAV). 

3) Aktive Impfung: Mit inaktiven Vakzinen in den M. deltoideus am Tag 0 und 6 Monate später (Havrix). Der Impfschutz setzt ca 1 Monat nach der Impfung  ein, die Impfschutzdauer beträgt > 25 Jahre.

→ 4) Indikation:

→ A) HAV gefährdetes Personal in Kinderheimen, Kliniken, psychiatrischen Einrichtungen, Kanalisations- und Klärwerkarbeiter, aber auch homosexuell-aktive Männer und Menschen, die eine chronische Lebererkrankung aufweisen etc..

→ B) Reisende in HAV-Endemiegebiete.

→ 4) Nebenwirkungen: Selten neurologische Störungen.

 

Klinisch-relevant: Heute erfolgt fast ausschließlich eine aktive HAV und HBV Kombinationsimpfung (Twinrix). Das Impfverfahren umfasst 3 Impfungen am Tag 0, nach einem Monat und nach 6 Monaten, intramuskulär in den M. deloideus. Eine passive Impfung mittels Gammaglobulin wird nur noch für Risikopersonen bei akuter Exposition mit einer simultanen aktiven Immunisierung durchgeführt.

 

Prognose:

→ I: Die Hepatitis-A-Infektion heilt zumeist aus und es besteht eine lebenslange Immunität, die durch Anti-HAV-IgG-Antikörper vermittelt wird.

→ II: In seltenen Fälle verläuft sie fulminant und kann insbesondere bei Patienten > dem 50. Lebensjahr letal enden.