→ Definition: Bei der Hepatitis-E handelt es sich um eine diffuse Leberentzündung aufgrund einer Infektion mit dem Hepatitis-E-Virus. Sie stellt eine selbstlimitierende Erkrankung dar, die insbesondere in den Entwicklungsländern für einen Teil der akuten Hepatitiden verantwortlich ist.
→ Erreger: Der Hepatitis-E-Virus ist ein Einzel+-Strang-RNA-Virus aus der Familie der Hepeviridae und weist einen Durchmesser von 32-34nm auf.
→ I: Typischerweise findet man den Erreger in verunreinigtem Wasser sowie rohem oder unzureichend gegartem Fleisch infizierter Tiere (Schweine, Schafe, Wild etc.).
→ II: Aufgrund seiner geringen Stabilität tritt die HEV-Infektion deutlich seltener auf als die Hepatitis-A-Infektion.
→ III: Bei den Hepatitis-E-Viren existieren 4 Hauptgenotypen (HEV 1-4) sowie weitere potenziell humanpathogene Genotypen (HEV 5-7). Bezüglich der Epidemiologie und des klinischen Krankheitsverlaufes wird unterschieden:
→ Epidemiologie:
→ I: Die Hepatitis-E tritt in Deutschland sehr selten auf (0,04/100000 Einwohner). Ein gehäuftes Auftreten findet man insbesondere in Endemiegebieten wie Asien, Mittlerer Osten, Mittelamerika, Afrika, etc. So weisen in den Tropen jedes Jahr 3 Millionen Menschen eine symptomatische HEV-Infektion auf und 70.000 sterben.
→ II: Vorwiegend sind junge Erwachsene nach dem 20. Lebensjahr betroffen.
→ Klinisch-relevant:
→ A) Die Übertragung erfolgt zumeist fäkal-oral über kontaminiertes Trinkwasser. Seltener findet man eine zoonotische Übertragung durch rohes bzw. unzureichend gegartes Schweinefleisch.
→ B) Die Inkubationszeit beträgt 15-65 Tage.
→ Klinik: Häufig ist der Krankheitsverlauf akut und selbstlimitierend; es kann aber auch eine klinische Symptomatik gänzlich fehlen. Existieren Symptome verlaufen diese charakteristischerweise in 2 Stadien:
→ I: Prodromalstadium:
→ 1) Grippe-ähnliche Symptome mit Müdigkeit, Abgeschlagenheit und subfibrile Temperaturen,
→ 2) Gastro-intestinale Symptome mit Inappetenz, Übelkeit, Diarrhoe und Druckschmerzhaftigkeit im rechten Oberbauch.
→ II: Organmanifestation: weist 2 Verlaufsformen auf:
→ 1) Anikterische Form: Betrifft vorwiegend Kinder.
→ 2) Ikterische Form: Die klinische Symptomatik sind zumeist nach 2-3 Wochen rückläufig.
→ A) Mit Ikterus (initial der Skleren, später der Haut); Entfärbung des Stuhls, Dunkelfärbung des Urins, Pruritus. In dieser (ikterischen) Phase manifestiert sich zumeist eine klinische Besserung.
→ B) Weitere Symptome sind u.a. Hepatomegalie, evtl. Splenomegalie und Lymphknotenschwellung.
→ III: Selten manifestieren sich extrahepatische Symptome wie z.B. das Guillain-Barre-Syndrom, hämolytische Anämie und schwere Thrombozytopenie, Glomerulonephritis, akute Pankreatitis, etc.
→ Komplikationen: Wie bei der Hepatitis-A:
→ I: Cholestatischer Verlauf: Mit Anstieg der Cholestase-Parameter wie yGT, AP, LAP. Die Prognose ist jedoch günstig.
→ II: Protrahierter Verlauf: Mit konstanter Erhöhung der Transaminase-Parameter (GPT,GOT) über > als 3 Monate.
→ III: Fulminanter Krankheitsverlauf:
→ 1) Findet man in 3% der Fälle.
→ 2) Insbesondere bei Schwangeren (insbesondere im 3. Trimenon) besteht ein bis zu 20% erhöhtes Risiko für einen fulminanten Verlauf (mit hoher Mortalität).
→ 3) Typische Symptomtrias bestehend aus Ikterus, Gerinnungsstörungen sowie Bewusstseinsstörungen.
→ Diagnose: Wichtige Laborveränderungen bei der Hepatitis E:
→ I: CRP-Erhöhung; Leukozytose und beschleunigte BSG.
→ II: Virusersologie:
→ 1) Frische Infektion: Nachweis von Anti-HEV-IgM (sind über einige Monate nachweisbar).
→ 2) Frühere Infektion: Nachweis von Anti-HEV-IgG (sind über Jahre nachweisbar).
→ 3) Gerade zu Krankheitsbeginn Nachweis der HEV-RNA im Stuhl und evtl. im Serum.
→ III: Anstieg der Transaminasen (> 500 U/L), GPT > GOT, der De-Ritis-Quotient ist < 1.
→ IV: Bei ikterischen Krankheitsverlauf ist das Bilirubin auf 2-3mg/dl erhöht, bei Cholestase findet man einen Anstieg von yGT, AP und LAP.
→ V: Als Folge der Leberzellnekrose sind Kupfer und Eisen erhöht.
→ VI: Bei einem fulminanten Verlauf findet man einen Abfall der Lebersyntheseparameter wie Quick, Serumalbumin und Cholinesterase.
→ Differenzialdiagnose:
→ I: Andere Virushepatitiden: Wie Hepatitis-A, -B, -C, -D.
→ II: Herpesinfektionen: Wie Herpes-Simplex-Infektionen, CMV und EBV-Infektionen.
→ III: Bakterielle Infektionen: Wie Brucellose, Q-Fieber durch Coxiella burnetii.
→ IV: Parasitäre Infektionen: Wie Malaria, Echinokokkose, Bilharziose.
→ V: Andere Lebererkrankungen: Wie Autoimmunhepatitis, primär biliäre Zirrhose.
→ Therapie: Eine spezifische Behandlung für die Hepatitis-E-Infektion besteht bis heute nicht; vielmehr erfolgt diese symptomatisch:
→ I: Symptomatische Therapie:
→ 1) Weglassen aller lebertoxischen Noxen wie Alkohol, wenn möglich Weglassen lebertoxischer Medikamente.
→ 2) Eine Glukokortikoid-Therapie ist wegen der Verschlechterung der Viruselimination kontraindiziert.
→ 3) Körperliche Schonung, evtl. Bettruhe.
→ II: Medikamentöse Therapie: Insbesondere bei fulminanten Krankheitsverläufen ist eine antivirale Behandlung z.B. mit Ribaverin nach den Leitlinien indiziert. Auch sollte eine Lebertransplantation frühzeitig in Erwägung gezogen werden.
→ III: Eine aktive Immunisierung gibt es noch nicht, ist jedoch in Erprobung.
→ IV: Prophylaxe: Wichtige prophylaktische Maßnahmen bei der Hepatitis E sind insbesondere:
→ 1) Einhaltung der hygienischen Richtlinien wie Vermeiden bzw. Abkochen von Leitungswasser, Durchbraten von rohem Fleisch (Inaktivierung des Virus durch Erhitzen > 70°C).
→ 2) Ausreichende Händedesinfektion.
→ 3) Vorsichtiger Umgang mit Ausscheidungen und Blut bzw -produkten.
→ 4) Vor allem schwangere Frauen sollten nicht in Endemiegebiete reisen.
→ Prognose:
→ I: Heilt in 98% der Fälle wie die Hepatitis-A aus.
→ II: Schwangere (insbesondere im letzten Trimenon) weisen häufiger eine fulminante Verlaufsform der Hepatitis-E mit akutem Leberversagen auf. In 20% verläuft sie somit letal.