Allgemein: Die Behandlung der affektiven Störungen ist primär auf die Linderung der klinischen Symptomatik ausgerichtet. Das Standardverfahren ist zumeist eine Kombinationstherapie bestehend aus einer Pharmakotherapie und einer begleitenden Psychotherapie.

 

Klinisch-relevant:

→ A) Leichte bis mittelschwere unipolare Depressionen ohne Selbstgefährdung können durch eine alleinige Psychotherapie behandelt werden.

B) Die Therapie der affektiven Störungen verläuft in 3 Phasen.

 

→ Therapiestrategien: Es kommen 4 Behandlungsstrategien in Abhängigkeit von dem Schweregrad der Symptomatik, dem Krankheitsverlauf und der Patientenpräferenz infrage:

→ I: Watchful Waiting: (= Aktives beobachtendes Abwarten)

→ 1) Eignet sich insbesondere bei leichten depressiven Episoden, bei Patienten, die eine Therapie ablehnen oder davon ausgegangen werden kann, dass sich die depressive Symptomatik zurückbildet.

→ 2) Charakteristikum hierbei ist eine abwartende Haltung bezüglich der Behandlung, jedoch sind regelmäßige aktive Kontrollen der Symptomatik sowie supportive Gespräche obligat.

→ II: Medikamentöse Therapie:

→ 1) Eine Antidepressiva-Behandlung gilt als Basistherapie bei mittelschwerer bis schwerer Depression, chronischen Krankheitsverläufen oder unzureichendem Ansprechen auf eine alleinige psychotherapeutische Behandlung.

→ 2) Der Einsatz von Stimmungsstabilisierern wie z.B. Lithium, Carbamazepin, Valproat oder eines atypischen Neuroleptikums ist insbesondere bei der bipolaren affektiven Störung und der Manie indiziert.

→ III: Psychotherapie: Sie wird als alleinige Therapie bei leichter bis mittelschwerer depressiver Episode ohne Selbstgefährdung bzw. Suizidalität, bei Kontraindikationen gegen Antidepressiva, Ablehnen von Antidepressiva durch den Patienten oder einem unzureichendem Ansprechen auf weitere Therapieverfahren eingesetzt.

→ IV: Kombinationstherapie: Beinhaltet die gleichzeitige Anwendung von Antidepressiva und psychotherapeutischen Interventionen. Die Kombinationstherapie bietet sich insbesondere bei nachfolgenden Situationen an:

→ 1) Mittelschwere bis schwere depressive Episode bzw. chronische Depression.

→ 2) Unzureichendes Ansprechen auf eine alleinige medikamentöse oder psychotherapeutische Behandlung.

→ 3) Vorhandensein von weiteren psychischen Komorbiditäten.

271 Wichtige Aspekte zur Aufklärung und Mitarbeit des Patienten

 

→ Therapiephasen: Die Therapie der affektiven Störungen lässt sich in drei Phasen, nämlich die Akuttherapie, die Erhaltungstherapie und schließlich die Langzeittherapie bzw. Rezidivprophylaxe unterteilen:

→ I: Akuttherapie: (= 1. Phase) Wichtige Ziele hierbei sind u.a. den Leidensdruck des Patienten zu minimieren, Symptome der gegewärtigen Episode zu behandeln, eine bestehende Suizidalität abzuwenden und nicht zuletzt die berufliche und soziale Leistungsfähigkeit des Patienten wiederherstellen. Die Phase beinhaltet das zeitliche Intervall bis zum Abklingen der akuten klinischen Symptome und erfasst zum einen das therapeutische Ansprechen (= unter der Therapie kommt es zur Abnahme der Symptome um > als 50%), zum anderen die Remission (= vollständiges Abklingen der Symptome).

→ 1) Unipolare Depression: Die Akuttherapie der unipolaren Depression beinhaltet in der Regel sowohl die medikamentöse als auch die psychotherapeutische Behandlung. Bei der saisonalen depressiven Störung ist aufgrund des serotonergen Defizites eine Intervention mit SSRIs oder MAO-Hemmer sowie eine Lichttherapie indiziert.

→ 2) Bipolaren affektiven Störung:

→ A) Applikation eines Stimmungsstabilisierers.

→ B) Leichte depressive Episoden im Rahmen einer bipolaren affektiven Störung sollten wenn möglich allein mittels eines Phasenprophylaktikum (z.B. Lamotrigin) behandelt werden, um das Risiko einer Antidepressiva-induzierten Manie zu vermeiden.

→ C) Bei der Behandlung der depressiven Episode mit einem Antidepressivum im Rahmen einer bipolaren affektiven Störung besteht immer die Gefahr des Übergangs (= sogenanntes Switch) in eine Manie; sie ist insbesondere bei den trizyklischen Antidepressiva hoch.

→ D) Beim "Rapid-cycling" steht die Therapie mit einem Phasenprophylaktikum im Vordergrund; hierbei sollte insbesondere auf die Gabe von Antidepressiva verzichtet werden, da sie die Entwicklung eines Rapid-Cycling fördern.

→ 3) Manie: Zu Beginn der Akutherapie der Manie muss der Patient vor äußeren Reizen abgeschirmt werden, um psychomotorische und sprachliche Erregung zu mindern. Medikamentös sind Phasenprophylaktika und atypischen Neuroleptika (wie z.B. Risperidon, Quetiapin, etc) indiziert. Hierbei haben die Antipsychotika der 2. Generation im Vergleich zu Lithium einen schnelleren Wirkungeintritt und eine bessere Verträglichkeit. Insbesondere bei einer schweren manischen Symptomatik ist die Kombinationstherapie aus einem Stimmungsstabilisierer und einem atypischen Neuroleptikum obligat.

 

→ Klinisch-relevant: Auf den Einsatz von klassischen Neuroleptika sollte verzichtet werden, da Patienten mit bipolaren affektiven Störungen häufiger als Patienten mit Schizophrenie zu Spätdyskinesien neigen.

 

II: Erhaltungstherapie: (= 2. Phase; sie wird auch als continuation-therapy bezeichnet und hat eine mittlere Dauer von 6-12 Monaten) Charakteristikum dieser Phase stellt das Abklingen der Akut-Symptomatik bei gleichzeitiger Persistenz der biologischen Krankheitsperiode dar. Ziel ist es, durch Weiterführung der medikamentösen und /oder psychotherapeutischen Therapie den Zustand des Patienten zu stabilisieren, sodass ein Rückfall vermieden werden kann. Manifestieren sich jedoch während der Erhaltungstherapie erneut klinische Symptome spricht man von einem Rückfall (= relapse).

→ 1) Die pharmakologische Erhaltungstherapie erfolgt mindestens über ein Zeitintervall von 6 Monaten mit gleicher Dosis, die zu einer Remission geführt hat. Erst am Schluss der Erhaltungstherapie ist eine Dosisreduktion indiziert.

→ 2) Wurde während der Akuttherapie ausschließlich eine psychotherapeutische Behandlung durchgeführt, sollte sie während der Erhaltungstherapie mindestens über einen Zeitraum von 8-12 Mon. persistieren. Zum Ende hin erfolgt eine einschleichende Reduktion der Sitzungsfrequenz (größere Zeitintervalle zwischen den einzelnen Therapiesitzungen). 

III: Rezidivprophylaktische Phase: (3. Phase; sie wird auch als Maintenance-Therapy bezeichnet) In diesem zeitlichem Intervall sind sowohl die Akutsymptome als auch die biologische Krankheitsepisode abgeklungen. Ziel dieser Phase ist es, erneute Krankheitsepisoden langfristig zu verhindern. Die Dauer dieser Phase kann Jahre, aber auch ein lebenlang sein. Kommt es in diesem Zeitraum zum Wiederauftreten von Symptomen spricht man von einem Rezidiv.