Definition: Bei der autoimmunen Pankreatitis handelt es sich um eine immunologisch bedingte, primär chronische Pankreatitis und ist gekennzeichnet durch einen:

→ I: Schmerzlosen Ikterus,

→ II: Lymphoplasmazelluläre Infiltrate mit konsekutiver Fibrosierung und

→ III: Ein gutes Ansprechen auf Kortikosteroide.

 

Klinisch-relevant: Nicht selten ist die autoimmune Pankreatitis mit weiteren Autoimmunerkrankungen assoziiert; hierzu zählen u.a.:

→ A) Sklerosierende Cholangitis.

→ B) Sjögren-Syndrom,

→ C) Autoimmunhepatitis,

→ D) Riedel-Thyreoiditis und Hashimoto-Thyreoiditis

→ E) Autoimmune tubulointestitielle Nephritis und die

→ F) Chronisch-entzündliche Darmkrankheit (insbesondere Morbus Crohn und Colitis ulcerosa).

 

Epidemiologie:

→ I: Bei der autoimmunen Pankreatitis handelt es sich mit einer Prävalenz von 1-2/100000 Einwohnern um eine seltene Erkrankung (vermehrtes Auftreten in Asien).

→ II: Der Manifestationsgipfel liegt zwischen dem 50.-60. Lebensjahr, wobei Männer etwas häufiger als Frauen (M : F = 3 : 2) betroffen sind.

1314 Epidemiologie der Autoimmunhepatitis abhängig vom Typus

 

Ätiopathogenese: Die genaue Entstehung der autoimmunen Pankreatitis ist bis heute nicht genau geklärt; eine Häufung von B- und T-Lymphozyten in den Infiltraten ohne Nachweis von Erregern lässt auf einen autoimmunogenen Prozess schließen. Bei der Autoimmunpankreatitis werden 2 Subtypen unterschieden:

1313 Klassifikation der autoimmunen Pankreatitis

 

Klinik: Patienten, die eine autoimmune Pankreatitis aufweisen zeigen nicht selten primär unspezifische Symptome.

→ I: Unspezifische Oberbauchbeschwerden wie Druckgefühl, Übelkeit, Erbrechen, Inappetenz und Gewichtsverlust, aber auch Zeichen einer akuten Pankreatitis.

→ II: Schmerzloser Ikterus.

→ III: Neu aufgetretener Diabetes mellitus.

IV: Komorbiditäten: Nicht selten findet man zusätzlich:

→ 1) Eine sklerosierende Cholangitis sowie

→ 2) Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen insbesondere Colitis ulcerosa und Morbus Crohn.

1265 Klinische Merkmale der autoimmunen Pankreatitis Typ I und Typ II

 

Diagnose:

→ I: Anamnese und klinische Untersuchung mit typischer Vorgeschichte.

→ II: Labor: Mit Nachweis von:

→ 1) Anstieg der Pankreasparameter Lipase und Amylase (fakultativ) sowie der Cholestase-Parameter yGT, AP und direktes Bilirubin (Cholestase).

→ 2) Selten Anstieg der Transaminasen GOT und GPT.

→ 3) Erhöhte breitbasiger y-Globulin-Peak in der Elektrophorese.

→ 4) Beim Typ I Erhöhung des IgG4 (> 135mg/dl; jedoch nicht beim Typ II) sowie IgG4/gesamt IgG Quotient im Serum erhöht (> 8%). Evtl. Nachweis von Auto-Antikörpern (ANA sowie AK gegen Carboanhydrase II und Lactoferrin).

→ III: Bildgebung:

→ 1) Sonographie: Diffuse Schwellung als „wurstförmige" Verdickung des gesamten Pankreas (aber auch tumorartige Herdbefunde von > 5cm insbesondere im Bereich von Caput, Corpus und Processus unicatus) mit homogener, relativ echoarmer Binnenstruktur.

→ 2) Weitere Untersuchungen sind die Endosonographie, ERP (endoskopische-retrograde-Pankreatikographie), ERCP (endoskopische-retrograde Cholangiopankreatikographie) sowie MRCP (Magnetresonanz-Cholangiopankreatikographie). Hier zeigen sich u.a. eine vergrößerte Bauchspeicheldrüse mit Erweiterung der Pankreasgänge, chronischer Entzündung sowie charakteristischen Gewebeveränderungen in der Histologie.

1315 Diagnosekriterien der Autoimmunpankreatitis

 

Differenzialdiagnose: Von der autoimmunen Pankreatitis müssen insbesondere nachfolgende Erkrankungen abgegrenzt werden.

→ I: Andere Formen der akuten Pankreatitis oder chronischen Pankreatitis.

→ II: Pankreaskarzinom sowie

→ III: Gallengangskarzinom.

 

→ Therapie: Im Mittelpunkt der Behandlung der autoimmunen Pankreatitis steht die Kortikosteroid-Gabe:

I: Gewichtsadaptierte Kortison-Applikation in einer Dosis von 0,6-1mg/kgKG über 4 Wochen (bei Rückgang der Symptomatik innerhalb der ersten 2 Wochen). Anzeichen für eine Therapieerfolg unter Glukokortikoiden sind u.a.:

→ 1) Remission cholestatischer Symptome (Cholestase).

→ 2) Rückgang morphologischer Veränderungen und Gangveränderungen im Pankreas (solange keine progrediente Fibrosierung besteht).

→ 3) Verbesserung der endokrinnen Pankreasfunktion.

→ II: Insbesondere beim Typ I der autoimmunen Pankreatitis kommt es zu häufigen Rezidiven, sodass eine präventive Behandlung mit einem Immunmodulator wie Azathioprin (Dosis 150mg/d) oder 6-Mercaptopurin (100mg/d) empfohlen wird. Auch die Applikation von Rituximab (= Reservemedikation) scheint sich zur Prophylaxe von Rezidiven der autoimmunen Pankreatitis zu bewähren.

 

Prognose: Obwohl die autoimmune Pankreatitis eine primär benigne Entität und therapierbar ist, weist sie eine nicht zu vernachlässigende Mortalität auf. Grund hierfür sind insbesondere die schubförmigen Rezidive, die sowohl zu einem exokrinen als auch endokrinen Organversagen führen können.