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- Geschrieben von: CF
- Kategorie: Pankreas
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→ Definition: Bei der autoimmunen Pankreatitis handelt es sich um eine immunologisch bedingte, primär chronische Pankreatitis und ist gekennzeichnet durch einen:
→ I: Schmerzlosen Ikterus,
→ II: Lymphoplasmazelluläre Infiltrate mit konsekutiver Fibrosierung und
→ III: Ein gutes Ansprechen auf Kortikosteroide.
→ Klinisch-relevant: Nicht selten ist die autoimmune Pankreatitis mit weiteren Autoimmunerkrankungen assoziiert; hierzu zählen u.a.:
→ A) Sklerosierende Cholangitis.
→ B) Sjögren-Syndrom,
→ C) Autoimmunhepatitis,
→ D) Riedel-Thyreoiditis und Hashimoto-Thyreoiditis.
→ E) Autoimmune tubulointestitielle Nephritis und die
→ F) Chronisch-entzündliche Darmkrankheit (insbesondere Morbus Crohn und Colitis ulcerosa).
→ Epidemiologie:
→ I: Bei der autoimmunen Pankreatitis handelt es sich mit einer Prävalenz von 1-2/100000 Einwohnern um eine seltene Erkrankung (vermehrtes Auftreten in Asien).
→ II: Der Manifestationsgipfel liegt zwischen dem 50.-60. Lebensjahr, wobei Männer etwas häufiger als Frauen (M : F = 3 : 2) betroffen sind.
→ Ätiopathogenese: Die genaue Entstehung der autoimmunen Pankreatitis ist bis heute nicht genau geklärt; eine Häufung von B- und T-Lymphozyten in den Infiltraten ohne Nachweis von Erregern lässt auf einen autoimmunogenen Prozess schließen. Bei der Autoimmunpankreatitis werden 2 Subtypen unterschieden:
→ Klinik: Patienten, die eine autoimmune Pankreatitis aufweisen zeigen nicht selten primär unspezifische Symptome.
→ I: Unspezifische Oberbauchbeschwerden wie Druckgefühl, Übelkeit, Erbrechen, Inappetenz und Gewichtsverlust, aber auch Zeichen einer akuten Pankreatitis.
→ II: Schmerzloser Ikterus.
→ III: Neu aufgetretener Diabetes mellitus.
→ IV: Komorbiditäten: Nicht selten findet man zusätzlich:
→ 1) Eine sklerosierende Cholangitis sowie
→ 2) Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen insbesondere Colitis ulcerosa und Morbus Crohn.
→ Diagnose:
→ I: Anamnese und klinische Untersuchung mit typischer Vorgeschichte.
→ II: Labor: Mit Nachweis von:
→ 1) Anstieg der Pankreasparameter Lipase und Amylase (fakultativ) sowie der Cholestase-Parameter yGT, AP und direktes Bilirubin (Cholestase).
→ 2) Selten Anstieg der Transaminasen GOT und GPT.
→ 3) Erhöhte breitbasiger y-Globulin-Peak in der Elektrophorese.
→ 4) Beim Typ I Erhöhung des IgG4 (> 135mg/dl; jedoch nicht beim Typ II) sowie IgG4/gesamt IgG Quotient im Serum erhöht (> 8%). Evtl. Nachweis von Auto-Antikörpern (ANA sowie AK gegen Carboanhydrase II und Lactoferrin).
→ III: Bildgebung:
→ 1) Sonographie: Diffuse Schwellung als „wurstförmige" Verdickung des gesamten Pankreas (aber auch tumorartige Herdbefunde von > 5cm insbesondere im Bereich von Caput, Corpus und Processus unicatus) mit homogener, relativ echoarmer Binnenstruktur.
→ 2) Weitere Untersuchungen sind die Endosonographie, ERP (endoskopische-retrograde-Pankreatikographie), ERCP (endoskopische-retrograde Cholangiopankreatikographie) sowie MRCP (Magnetresonanz-Cholangiopankreatikographie). Hier zeigen sich u.a. eine vergrößerte Bauchspeicheldrüse mit Erweiterung der Pankreasgänge, chronischer Entzündung sowie charakteristischen Gewebeveränderungen in der Histologie.
→ Differenzialdiagnose: Von der autoimmunen Pankreatitis müssen insbesondere nachfolgende Erkrankungen abgegrenzt werden.
→ I: Andere Formen der akuten Pankreatitis oder chronischen Pankreatitis.
→ II: Pankreaskarzinom sowie
→ III: Gallengangskarzinom.
→ Therapie: Im Mittelpunkt der Behandlung der autoimmunen Pankreatitis steht die Kortikosteroid-Gabe:
→ I: Gewichtsadaptierte Kortison-Applikation in einer Dosis von 0,6-1mg/kgKG über 4 Wochen (bei Rückgang der Symptomatik innerhalb der ersten 2 Wochen). Anzeichen für eine Therapieerfolg unter Glukokortikoiden sind u.a.:
→ 1) Remission cholestatischer Symptome (Cholestase).
→ 2) Rückgang morphologischer Veränderungen und Gangveränderungen im Pankreas (solange keine progrediente Fibrosierung besteht).
→ 3) Verbesserung der endokrinnen Pankreasfunktion.
→ II: Insbesondere beim Typ I der autoimmunen Pankreatitis kommt es zu häufigen Rezidiven, sodass eine präventive Behandlung mit einem Immunmodulator wie Azathioprin (Dosis 150mg/d) oder 6-Mercaptopurin (100mg/d) empfohlen wird. Auch die Applikation von Rituximab (= Reservemedikation) scheint sich zur Prophylaxe von Rezidiven der autoimmunen Pankreatitis zu bewähren.
→ Prognose: Obwohl die autoimmune Pankreatitis eine primär benigne Entität und therapierbar ist, weist sie eine nicht zu vernachlässigende Mortalität auf. Grund hierfür sind insbesondere die schubförmigen Rezidive, die sowohl zu einem exokrinen als auch endokrinen Organversagen führen können.
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- Geschrieben von: CF
- Kategorie: Pankreas
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→ Definition: Bei der chronischen Pankreatitis handelt es sich um eine irreversible, chronisch-progrediente, fibrosierende Entzündung der Bauchspeicheldrüse, die primär in eine exokrine, später dann auch in eine endokrine Organinsuffizienz führt.
→ Klassifikation: Die chronische Pankreatitis wird nach der Marseille-Klassifikation (Morphologie) unterteilt in:
→ I: Chronische Pankreatitis mit fokaler Nekrose,
→ II: Chronische Pankreatitis mit segmentaler oder diffuser Fibrose;
→ III: Chronische Pankreatitis mit Kalzifikation.
→ Klinisch-relevant: Eine morphologische Sonderform nimmt die chronisch-obstruktive Pankreatitis ein, die aufgrund einer Obstruktion des Pankreasganges (z.B. Narben, Tumoren) mit konsekutiver proximaler Dilatation durch eine Parenchymatrophie und diffuse Fibrosierung gekennzeichnet ist. Steine bestehen charakteristischerweise nicht.
→ Epidemiologie:
→ I: Die Inzidenz liegt in Mitteleuropa bei 8/100000/Jahr und es ist überwiegend das männliche Geschlecht betroffen.
→ II: Der Manifestationsgipfel liegt zwischen dem 30.-50. Lebensjahr.
→ Ätiologie:
→ I: Die häufigste Ursache mit 70-80% der Fälle stellt der Alkoholabusus (Alkoholabhängigkeit) dar.
→ II: In 15% idiopathisch,
→ III: Seltene Ursachen: Sind u.a.:
→ 1) Hereditär: Aufgrund einer Mutation in des Exonen 2 und 3 des kationischen Trypsinogen Gens (= PRSS1) oder des sekretorischen pankreatischen Trypsininhibitor Kazal Typ 1 Gens (= SPINK1), sowie infolge einer Mutation des CFTR-Gens (zystische Fibrose) bei Mukoviszidose.
→ 2) Medikamentös-toxisch: NSAR, Beta-Blocker, ACE-Hemmer, Diuretika, Sulfalazin, Mesalazin, Carbamazepin, Valproat etc.
→ 3) Weitere Erkrankungen: Gallenwegserkrankungen, primärer Hyperparathyreoidismus, metabolisch bei Hypertriglyceridämie, anatomische Variation des Pankreas wie der Pancreas divisum, Autoimmunpankreatitis, etc.
→ Pathogenese: Die Pathogenese der chronischen Pankreatitis verläuft grob in 2 Schritten:
→ I: Initialphase: In dieser Phase kommt es zur Aktivierung des Trypsinogens in Trypsin. Triggermechanismen können u.a.
→ 1) Autoaktivierung,
→ 2) Aktivierung durch das lysosomale Enzym Cathepsin B,
→ 3) Fehlregulation des intrazellulären Transportes, etc. sein.
Folge ist eine gesteigerte Trypsinaktivität durch entweder eine erleichterte Aktivierung von Trypsinogen oder durch eine erhöhte Stabilität des aktiven Moleküls. Trypsin wiederum induziert einen intrazellulären Stressor, der zu eine inflammatorischen Reaktion durch Entzündungszellen führt. Es kommt frühzeitig zu einer Nekrose des intra- und extrapankreatischen Fettgewebes mit konsekutiver Aktivierung von Sternzellen (= stellate cells), die die Bildung von Bindegewebe bedingen.
→ II: Chronifizierungsphase: Der erste Schritt in der Entwicklung einer chronischen Pankreatitis besteht möglicherweise darin, dass das gebildete Bindegewebe nicht mehr abgebaut werden kann, im Sinne der Nekrose-Fibrose-Sequenz; jedoch sind bis heute die einzelnen Pathomechanismen nicht genau bekannt.
→ Klinik: Charakteristikum der chronische Pankreatitis ist der stadienhafte schubförmige klinische Krankheitsverlauf:
→ I: Asymptomatisches Stadium, welches über mehrere Jahre anhält.
→ II: Stadium der rezidivierenden Entzündungsschübe. Kardinalssymptome sind wiederkehrende, über Stunden bis Tage anhaltende, nicht-kolikartige Schmerzen, die in den Rücken oder gürtelförmig ausstrahlen und insbesondere postprandial verstärkt sind. Weitere Symptome sind Völlegefühl, Übelkeit, Erbrechen und evtl. wiederholter Ikterus. Im Spätstadium sistieren die Schmerzen häufig.
→ III: Stadium der Insuffizienz:
→ 1) Exokrine Insuffizienz mit kinischen Zeichen eines Maldigestionssyndrom wie Diarrhoe, Steatorrhoe, Gewichtsverlust (meist erst bei einer Pankreasrestfunktion von 10%), etc.;
→ 2) Endokrine Insuffizienz mit Diabetes mellitus.
→ Komplikationen: Rezidivierende Pankreasschübe mit konsekutiven Parenchymnekrosen und anschließender Fibrosierung führen zu Gangveränderungen wie Gangstenosen und weiteren charakteristischen Komplikationen:
→ I: Pankreaspseudozysten-, intraabdominelle Abszess- und Fistelbildungen,
→ II: Milzvenen- (Splenektomie) und Pfortaderthrombose mit der Gefahr der portalen Hypertension und konsekutiver Varizenblutungen.
→ III: Entstehung von intraduktalen Konkrementen,
→ IV: Duodenalstenose,
→ V: Spätkomplikation ist die mögliche Entwicklung eines Pankreaskarzinoms.
→ Diagnose:
→ I: Labor:
→ 1) Akuter Schub mit deutlicher Erhöhung der Amylase und Lipase (siehe akute Pankreatitis).
→ 2) Nachweis einer exokrinen Pankreasinsuffizienz durch Bestimmung der Elastase 1 im Stuhl. Elastase 1 wird während der Darmpassage nicht gespalten, sodass die im Stuhl bestimmte Konzentration, der in das Darmlumen abgegebenen Menge entspricht. Physiologische Werte liegen > 200µg/g Stuhl; Werte < 100µg/g Stuhl sind beweisend für eine chronische Pankreatitis.
→ 3) Bestimmung des Stuhlfettgehalts bei Steatorrhoe. Die Werte liegen > 7g/d.
→ 4) Vitaminmangelerscheinungen durch Verlust der fettlöslichen Vitamine E, D, A und K.
→ 5) Indirekter Nachweis der exokrinen Pankreasinsuffizienz mittels Sekretin-Pankreozymintest: Nach i.v. Gabe von Sekretin Bestimmung der Natriumbikarbonatkonzentration im Duodenum mittels Sonde; anschließende Gabe von Pankreozymin i.v. mit Bestimmung der Pankreasenzyme z.B: Amylase, Lipase, Trypsinkonzentrationmenge.
→ 6) Oraler-Glucosetoleranz-Test und Kontrolle des BZ-Tagesprofils.
→ II: Bildgebende Verfahren:
→ 1) Sonographie: Im akuten Stadium ist der Pankreas deutlich vergrößert und ödematös geschwollen. Ansonsten zeigen sich Kaliberschwankungen mit z.T. dilatierten Gangabschnitten (> 3mm), Konturunregelmäßigkeiten und Inhomogenität infolge diffuser Fibrosierung; im Spätstadium ist der Pankreas zumeist atrophisch geschrumpft.
→ 2) Röntgen-Pankreas: Mit evtl. Nachweis von Kalkeinlagerungen, insbesondere bei der alkoholinduzierten chronischen Pankreatitis.
→ 3) ERCP/MRCP: Mit Darstellung von kurzstreckigen perlenschnurartigen Gangerweiterungen und -stenosen sowie Konkrementen.
→ III: Ösophagogastroduodenoskopie: Zum Ausschluss von anderen Erkrankungen wie Ulkus ventrikuli/ duodeni, Magenkarzinom etc.
→ Differenzialdiagnose: Von der chronische Pankreatitis müssen insbesondere nachfolgende Erkrankungen abgegrenzt werden:
→ I: Magenulkus, Magenkarzinom (bzw. Magenfrühkarzinom), MALT-Lymphom und gastrointestinaler Stromatumor, etc.
→ II: Rezidivierende akute Pankreatitis.
→ III: Pankreaskarzinom, aber auch Stenosen der Papilla Vateri (Papillentumoren).
→ IV: Cholelithiasis und
→ V: Angina abominalis.
→ Therapie:
→ I: Konservative Therapie:
→ 1) Ausschaltung der toxischen Noxen, Alkoholabstinenz.
→ 2) Spezielle Diät: Hierzu zählen insbesondere die Einnahme von vielen kleinen (5-7) hochkalorischen Mahlzeiten sowie eine fettarme Kost mit Umstellung auf mittelkettige Fettsäuren bei Steatorrhoe.
→ 3) Medikamentöse Therapie: Sind u.a. die Pankreasenzymsubstitution (magensäureresistent), so auch 25000-50000IE Lipase zu den großen Mahlzeiten, die Parenterale Applikation der fettlöslichen Vitamine, die Injektion von kleinen Dosen Insulin bei bestehendem Diabetes mellitus (ansonsten besteht eine erhöhte Gefahr der Hypoglykämie) und nicht zuletzt die Analgesie nach Stufenplan bei Persistenz von Schmerzen.
→ II: Interventionelle Therapie: Bei Nachweis von Steinen endoskopische Papillotomie mit nachfolgender Steinextraktion. Weitere Therapieoptionen sind u.a.:
→ 1) Extrakorporale Stoßwellentripsie und Lasertripsie,
→ 2) Ballondilatation mit anschließender Einlage einer Kunststoffendoprothese (= Stentimplantation).
→ Klinisch-relevant: Die Stentimplantation birgt viele Gefahren, wie Auslösen eine akuten Pankreatitis, Blutungen, Stentokklusion und Stentmigration, sodass ein regelmäßiger Stentwechsel in einem Zeitintervall von 8 Wochen obligat ist.
→ III: Operative Therapie: Siehe operative Therapie des Pankreas.
→ Prognose:
→ I: Die chronische Pankreatitis verläuft zumeist progredient mit Ausbildung einer globalen Pankreasinsuffizienz.
→ II: Der Krankheitsverlauf und die Letalität werden insbesondere durch den bestehenden bzw. fehlenden Alkoholkonsum bestimmt.
→ III: 30-70% der Patienten mit chronischer Pankreatitis sterben innerhalb der nächsten 10 Jahre nach Diagnosestellung.
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→ Definition: Bei der akuten Pankreatitis handelt es sich um eine akute Entzündung des Pankreas infolge einer Autolyse. Folge kann u.a. der endokrine bzw. exokrine Funktionsverlust sein (siehe auch Anatomie des Pankreas).
→ Epidemiologie: Die Inzidenz liegt in Europa bei 10-20/100000 Einwohnern pro Jahr (mit steigender Tendenz). Der Manifestationsgipfel liegt bei Männern zwischen dem 30.-40. Lebensjahr, bei Frauen zwischen dem 50.-60. Lebensjahr.
→ Ätiologie:
→ I: Gallenwegserkrankungen: In Form einer akuten biliären Pankreatitis, mit 55% der Fälle die häufigste Form. Hierzu zählen u.a.:
→ 1) Cholezysto- bzw. Choledocholithiasis sowie
→ 2) Stenosen der Papilla Vateri (bzw. Papillentumoren).
→ II: Alkoholabusus: (bzw. Alkoholabhängigkeit) Ist in 35% der Fälle nachweisbar.
→ III: Idiopathtisch als Ausschlussdiagnose.
→ IV: Weitere Ursachen: Sind selten; hierzu gehören:
→ Pathogenese:
→ I: Ursache der akuten Pankreatitis ist die Autodigestion durch Freisetzung aktivierter Pankreasenzyme.
→ II: Am Anfang steht die ödematöse Schwellung des Pankreas auf das 2-3-fache der Ursprungsgröße.
→ III: Infolge der Zellschädigung kommt es zur Freisetzung der Enzyme (z.B. Trypsin, Chymotrypsin, Elastase, Pankreaslipase, Amylase, Ribonukleasen).
→ IV: Bei Übergreifen des Entzündungsprozesses auf das peripankreatische Fettgewebe entwickeln sich durch Einschmelzung Kolliquationsnekrosen.
→ V: Die freigesetzte Lipase leitet eine Verseifung der Fettsäuren mittels Kalzium ein (= Kalkspritzer).
→ VI: Im weiteren Krankheitsverlauf kann sich im Zuge der Nekroseausdehnung eine hämorrhagisch-nekrotisierende Pankreatitis manifestieren.
→ Klassifikation: Die akute Bauchspeichelentzündung wird nach ihrem Schweregrad in 3 Stadien unterteilt:
→ I: Schweregrad 1: Akute interstitielle-ödematöse Pankreatitis. Besteht in 80-85% der Fälle und weist eine Letalität von 0% auf.
→ II: Schweregrad 2: Akute partiell-nekrotisierende Pankreatitis, manifestiert sich zusammen mit der Totalnekrose in 15-20% der Fälle. Die Letalität liegt bei > 15%.
→ III: Schweregrad 3: Akute nekrotisierende Pankreatitis mit Totalnekrose. Hierbei liegt die Letalität > 50%.
→ Klinik:
→ I: Leitsymptom sind plötzlich einsetzende, heftige Schmerzen, die gürtelförmig in den Rücken ausstrahlen.
→ II: Gastrointestinal: Übelkeit, Erbrechen, elastische Bauchdeckenspannung (= Gummibauch), Meteorismus, evtl. Subileus, Aszites, Ikterus (insbesondere bei bestehendem Gallensteinleiden).
→ III: Kardio-pulmonal: Tachykardie, arterielle Hypotonie mit der Gefahr der Schocksymptomatik und möglicher Entwicklung eines Pleuraergusses (links > rechts).
→ IV: Weitere Symptome: Sind u.a. Fieber, Gesichtsrötung (= Rubeoi faciei), Oligurie, Anurie, Enzephalopathie
.
→ Klinisch-relevant: Prognostisch ungünstig, als Zeichen einer hämorrhagisch-nekrotisierenden Pankreatitis sind folgende Symptome:
→ A) Cullen-Zeichen: Selten mit periumbilikaler Blutungen.
→ B) Grey-Turner-Zeichen: Einblutungen im Bereich der Flanken.
→ C) Fox-Zeichen: Einblutungen in der Leistenregion.
→ Komplikationen:
→ I: Lokale:
→ 1) Bakterielle Infektion der Pankreasnekrosen mit Entwicklung septischer Komplikationen und der Gefahr des Multiorganversagens.
→ 2) Pankreaspseudozysten,
→ 3) Gefäßarrosionen mit schweren Magen-Darm-Blutungen,
→ 4) Penetration in Nachbarorgane und konsekutiver intestinaler Fistelbildung.
→ 5) Milzvenen-, Pfortader- und Mesenterialvenenthrombose.
→ II: Systemisch:
→ 1) Kreislaufschock,
→ 2) Verbrauchskoagulopathie (DIC),
→ 3) Pulmonale Insuffizienz und ARDS,
→ 4) Akutes Nierenversagen,
→ 5) Diabetes mellitus.
→ Diagnose:
→ I: Anamnese/klinische Untersuchung: Akut einsetzende heftige gürtelförmige Bauchschmerzen, Fieber, Übelkeit, Erbrechen, Alkoholabusus, Gallensteine in der Vorgeschichte. Palpatorisch druckdolenter Gummibauch, evtl.Cullen- und Grey-Turner-Zeichen etc.
→ II: Labor:
→ 1) Pankreasenzym-Diagnostik: Bestimmung der Lipase (Elastase) und Amylase i.S.
→ Klinisch-relevant:
→ A) Die Lipase ist pankreasspezifisch und ein 3-facher Enzymanstieg über dem oberen Normbereich ist für eine Pankreatitis beweisend.
→ B) Da die Amylase verschiedene Isoenzyme aufweist, so z.B. die Speichelamylase, die den größten Anteil der Gesamt-Amylasekonzentration ausmacht, ist sie nicht pankreasspezifisch. Eine Hyperamylasämie findet man u.a. auch bei Parotitis, akutem Abdomen und Niereninsuffizienz.
→ C) Der Schweregrad der Pankreatitis korreliert nicht mit der Höhe des Enzymanstiegs, vielmehr stellen die Parameter CRP (> 15mg/dl) bzw. Kalzium (< 2mmol/l) einen wichtigen Prognosefaktor dar.
→ 2) Biliäre Pankreatitis: Mit Anstieg der Cholestase-Parameter wie AP, LAP, yGT und direktem Bilirubin.
→ 3) Weitere Parameter: (auch zur Verlaufskontrolle) sind Blutbild, Elektrolyte (insbesondere auch Hypokalzämie, EKG-Befund Hypokalzämie, etc.), Gerinnungsstatus, Blutzucker, Gesamt-Eiweiß, Säure-Base-Haushalt, harnpflichtige Substanzen.
→ Klinisch-relevant:
→ A) CRP: Stellt einen Schweregrad-Parameter dar und weist bei Persistenz bzw. Wiederanstieg auf eine nekrotisierende Pankreatitis hin.
→ B) Ranson-Score: Dient der Prognoseeinschätzung einer akuten Pankreatitis und beinhaltet folgende Parameter:
→ III: Bildgebende Verfahren:
→ 1) Sonographie: Die Darstellung einer akuten Pankreatitis ist häufig infolge einer Magenreflexion oder Darmatonie (= Meteorismus) erschwert. Bei der ödematösen Pankreatitis lässt sich charakteristischerweise ein deutlich vergrößerter, unscharf begrenzter, inhomogener Pankreas evtl. mit einem kleinen Flüssigkeitssaum nachweisen. Die nekrotisierenden Pankreatitis ist durch den Nachweis von echoarmen Nekrose-Arealen charakterisiert. Des Weiteren sind u.a. intraabdominelle Abszesse, Pankreaspseudozysten, Gallensteine (biliäre Pankreatitis) oder ein Aszites darstellbar.
→ 2) Röntgen:
→ A) Abdomenübersichtsaufnahme: Mit evtl. Nachweis einer Pankreasverkalkung (= chronische Pankreatitis), Gallensteinen, luftgefüllten Darmabschnitten bei Subileus oder freier Luft bei Perforation.
→ B) Röntgen-Thorax: Evtl. Darstellung eines Pleuraergusses (meist linksseitig), Platten-Atelektasen oder einer basalen Pneumonie.
→ 3) CT: Zur genauen Darstellung der Organdestruktion.
→ 4) ERCP: Bei Verdacht auf eine biliäre Genese mit evtl. gleichzeitiger Papillotomie.
→ 5) Feinnadelbiopsie: (Sonographie oder CT-gesteuert): Mit Zytologie (Nachweis nekrotischer Zellen) und Bakteriologie (auf E. coli, Enterokokken, Klebsiellen, etc.) Angewandt bei Nekrose-Verdacht.
→ Klinisch-relevant:
→ A) Die Höhe der Pankreasamylase/-lipase korreliert nicht mit dem Schweregrad bzw. der Prognose der Pankreatitis.
→ B) Für einen schweren Verlauf der Pankreatitis (= nekrotisierenden Pankreatitis) sprechen:
→ 1) Erhöhung des reaktiven-C-Proteins (> 150mg/l),
→ 2) Erhöhung des LDH (> 350U/l),
→ 3) Sowie Hypokalzämie und Hyperglykämie.
→ C) Laborchemische Veränderungen nachfolgender Parameter (Erhöhungen des LAP, AP, yGT und des direkten Bilirubins) sprechen für eine biliäre Pankreatitis.
→ Differenzialdiagnose: Hiervon abzugrenzen sind insbesondere:
→ I: GIT-Erkrankungen: Gastroenteritis, Ulkusperforation, Boerhaave-Syndrom, akute Cholezystitis/ chronische Cholezystitis, Appendizitis, Pankreastumoren, Kolondivertikulitis, mechanischer Ileus, Mesenterialinfarkt, Mesenterialvenenthrombose, akutes Abdomen unterschiedlicher Genese etc.
→ II: Kardiovaskuläre Erkrankungen: Aortenaneurysma, Lungenembolie und gerade auch der Hinterwandinfarkt.
→ III: Weitere Ursachen: Eine akute Pankreatitis aufgrund von:
→ 1) Systemerkrankungen wie Sarkoidose und SLE, etc.
→ 2) Stoffwechselerkrankungen wie die zystische Fibrose, etc.
→ Klinisch-relevant: Sowohl der Myokardinfarkt als auch die Pankreatitis weisen eine ähnliche Symptomatik mit Schmerzen, Schocksymptome, aber auch EKG-Veränderungen (z.B. Zeichen einer Außenwandschädigung mit terminale T-Negativierung) auf, sodass die Enzyme Lipase, Troponin I und T obligat zur Differenzialdiagnose herangezogen werden.
→ III: Weitere Erkrankungen: Zeichen einer Pseudoperitonitis bei Prae-/Koma diabeticum, Addison-Krise sowie weiteren Erkrankungen wie Stieldrehung einer Ovarialzyste, Extrauteringravidität, aber auch Intoxikationen (z.B. Medikamentenintoxikation), akutes Nierenversagen, etc.
→ Therapie:
→ I: Allgemeinmaßnahmen: Intensivmedizinische Überwachung des Patienten mit Bettruhe und oraler Nahrungs- und Flüssigkeitskarenz sowie engmaschiger Kontrolle von:
→ 1) Herz-Kreislauf: Puls, RR, ZVD, Atmung.
→ 2) Untersuchung des Abdomen: Ausmaß der Schmerzen, Abdomenpalpation, Auskultation (Darmgeräusche), Sonographie des Abdomens, bei Verschlechterung der Klinik Abdomen CT.
→ 3) Flüssigkeitsbilanzierung, Kontrolle der Nierenfunktion (Kreatinin, Harnstoff) und der Elektrolyte (Ca2+, K+, Na+).
→ 4) Laborchemischen Parametern: CRP, Lipase, Blutbild, HK, Glukose, Gerinnungsstatus (INR/Quick, pTT), Cholestaseparameter AP, LAP, yGT, direktes Bilirubin, Blutgasanalyse (Abb.: Normwerte der Blutgasanalyse), etc.
→ II: Parenterale Elektrolyt-/Volumensubstitution: Da bei der akuten Pankreatitis häufig eine extreme Hypovolämie besteht, erfolgt eine Volumenzufuhr von 4-10l (ZVD-soll 4-12cm H2O).
→ Klinisch-relevant:
→ A) Bei hoher Volumensubstitution (> 4l) ist die Gabe von 500ml einer 5%igen Albumin-Lösung pro 4l indiziert.
→ B) Es erfolgte bislang eine Nahrungskarenz bis zur Schmerzfreiheit. Jedoch hat sich gezeigt, dass ein frühzeitiger Kostaufbau bzw. Sondenernährung (spätestens am 3.Tag) die Darmintegrität steigert und die Translokation von Darmbakterien vermindert (= Abnahme der Infektionsgefahr).
→ C) Der Kostauaufbau erfolgt mit fettarmen Nahrungsmitteln, evtl. ist die Gabe von Enzympräparaten indiziert.
→ III: Analgesie: Viele Opiate sind wegen des Papillenspasmus kontraindiziert.
→ 1) Leichte Pankreatitis: Metamizol (Novalgin) p.o. oder als Kurzinfusion; Einzeldosis 500-1000mg bis max. 6000mg/d.
→ 2) Schwere Pankreatitis: Pethidin (Dolantin) s.c. oder i.v. mit einer Einzeldosis von 50-100mg alle 4-6 Stunden bis max. 500mg/d.
→ IV: Weitere Maßnahmen:
→ 1) Zur Stressulkus-Prophylaxe Gabe von PPI, zur Thromboembolie-Prophylaxe Kompressionsstrümpfe und Low-Dose-Heparin.
→ 2) Antibiotikatherapie: Indikationen sind u.a. Sepsis, infizierte Nekrosen, Pseudozysten oder Abszesse. Wichtige Antibiotika sind hierbei Carbapeneme z.B. Imipenem 3x 500mg i.v., alternativ Ciprofloxacin 2x 200mg/d i.v. kombiniert mit Metronidazol für mindestens 7-10 Tage.
→ 3) Therapie der Komplikationen:
→ A) Evtl. Kalziumsubstitution bei Hypokalzämie oder Tetanie.
→ B) Behandlung des akuten Nierenversagens durch Flüssigkeitssubstitution, Steigerung der Diurese mit Furosemid (250mg i.v.), ggf. Hämodialyse.
→ C) Therapie der respiratorischen Insuffizienz mittels engmaschiger Kontrolle der BGA (Abb.: Normwerte der Blutgasanalyse), Sauerstoff-Applikation und gegebenenfalls kontrollierter Beatmung.
→ D) Behandlung einer Verbrauchskoagulopathie (DIC),
→ E) Behandlung eines paralytischen Ileus.
→ IV: Interventionelle Therapie: Ist bei der biliären Pankreatitis indiziert. Es erfolgt eine ERCP mit konsekutiver Steinextraktion und evtl. Papillotomie.
→ V: Operative Therapie: Indikationen stellen die biliäre - oder die akut nekrotisierende Pankreatitis dar:
→ 1) Biliäre Pankreatitis: Cholezystektomie nach Rückbildung der akuten Symptomatik, in der Regel nach 2-4 Tagen.
→ 2) Nekrotisierende Pankreatitis: Schonende Nekrosektomie oder Pankreasrevision meist kombiniert mit einer offenen Lavage. Der operative Eingriff sollte um den 10. Tag erfolgen, da sich zu diesem Zeitpunkt die Nekrose-Areale demaskieren und eine Infektionsgefahr noch nicht besteht (steigt erst um den 14.Tag deutlich an).
→ Prognose:
→ I: Prognostisch ungünstig sind u.a. der Anstieg von CRP und LDH sowie eine sich entwickelnde oder fortschreitende Hypokalzämie.
→ II: Je nach Schweregrad der akuten Pankreatitis kann das Letalitätrisiko deutlich über 50% liegen.
→ III: Gerade bei der alkoholinduzierten bzw. hereditären Pankreatitis entwickelt sich nicht selten eine chronische Form.
→ Rezidivprophylaxe: Im Mittelpunkt steht die Beseitigung der Ursache. Hierzu gehören:
→ I: Alkoholabstinenz,
→ II: Adäquate Therapie der Hypertriglyzeridämie und des Hyperparathyreoidismus,
→ III: Absetzten pankreastoxischer Medikamente und
→ IV: Gallengangssanierung.