Definition: Die supraventrikuläre Extrasystole ist definiert als verfrüht eintreffende Erregung, die oberhalb der Bifurkation des His-Bündels entsteht. Hierbei unterscheidet man hinsichtlich ihres Entstehungsortes verschiedene Formen:

→ I: Atriale Extrasystole: Mit deformierter P-Welle und verkürzter PQ-Zeit (der QRS-Komplex ist normal).

→ II: AV-junktionale Extrasystole: Hier ist die P-Welle negativ und versteckt sich im QRS-Komplex bzw. tritt vor oder nach ihm auf, aber auch zwischen:

→ III: Monotopen Extrasystolen: Die Extrasystolen von einem Zentrum aus und 

→ IV: Polytopen Extrasystolen: Hierbei existieren verschiedene ektope Erregungszentren.

 

Ätiopathogenese: Supraventrikuläre Extrasystolen können sowohl beim Herzgesunden als auch beim Herzkranken auftreten. Die Anzahl der SVES nimmt charakteristischerweise mit dem Alter zu.

→ I: Nicht-kardial: Vegetative Labilität, körperliche und emotionale Belastungen, Genussmittel wie Koffein, Nikotin, Übernächtigung, Hypokaliämie, Hyperthyreose, etc.

→ II: Kardial: Dilatation der Vorhöfe bei arterieller Hypertonie, KHK, Myokarditis, Mitralklappenstenose, Zustand nach Herzoperationen, etc.

→ III: Insbesondere komplexere SVES mit Paaren und Salven in großer Häufigkeit können Vorläufer eines Vorhofflimmerns sein. 

 → IV: Prädilektionsstellen: Es bestehen besondere Prädilektionsstellen im Bereich des Vorhofs. Dazu zählen:

 1) Crista terminalis,

 2) Mündungsbereich der obere und unteren Hohlvene,

→ 3) Mündung der Pulmonalvenen,

 4) Koronarvenensinus und Ostium.

→ V: Erfolgt die Erregungsbildung der SVES im Bereich des Sinusknoten ist die P-Welle regelrecht, im Bereich des Vorhofs ist sie deformiert und bei einer supraventrikulären Erregungsbildung im Bereich des AV-Knotens kann die P-Welle negativ sein, fehlen oder ist im Bereich der ST-Strecke nachweisbar.

 

Klinik: Die supraventrikulären Extrasystolen sind zumeist asymptomatisch, rufen aber auch klinische Symptome wie Herzstolpern, Palpitationen und Schwindel bis hin zur Ausbildung eines intermittierenden Vorhofflimmerns hervor. Supraventrikuläre Extrasystolen können zudem auch supra-, in seltenen Fällen sogar ventrikuläre Tachykardien induzieren.

 

→ Klinisch-relevant: Die gleichzeitige Vorhof- und Kammerkontraktion gegen eine geschlossene AV-Klappe, ausgelöst durch eine AV-junktionale ES, wird vom Patienten als sehr unangenehm wahrgenommen (= Pfropfungswelle im Venenpuls). Diese Vorhofpfropfungswellen lassen sich an der Jugularvenen darstellen (= Paukenschlag)

 

Diagnose:

→ I: Ekg: (EKG-Befund: Supraventrikuläre Extrasystole) Mit pathognomonischen Veränderungen: 

→ 1) Atriale Extrasystole findet man

→ A) Deformierte P-Wellen,

→ B) Normale QRS-Komplexe und

→ C) Eine Verlängerung der PQ-Zeit (je vorzeitiger die supraventrikuläre Extrasystole einfällt, umso länger ist das PQ-Intervall.

→ 2) AV-junktionaler ES: Hierbei zeigt sich aufgrund der retrograden Depolarisation eine negative P-Welle vor, im oder hinter dem QRS-Komplex.

452 Verschiedene Erscheinungsbilder der AV junktionalen Extrasystolen

→ II: EKG-Befund: SVES:

→ 1) Es bestehen normal-konfigurierte, normal-breite QRS-Komplexe.

→ 2) Ausnahme: Beim frühzeitigen Eintreffen einer SVES kann es zu einem aberrierenden (ungewöhnlichen), ventrikulären Verlauf der (Vorhof)-Erregung mit Verbreiterung und Deformität des QRS-Komplexes kommen (in diesem Fall kann die SVES durch eine vorangegangene P-Welle von der VES abgegrenzt werden).

 → III: Geblockte SVES:

→ 1) Fällt die atriale ES noch früher ein, kann das anterograde Leitungssystem noch refraktär sein und der QRS- Komplex fehlt im EGK.

→ 2) Bei der AV-junktionalen ES ist das retrograde Leitungssystem refraktär und die P-Welle fehlt.

→ IV: Bei den SVES kommt es zu einer Versetzung des (Sinus-) Grundrhythmus, wodurch der prä- und postextrasystolischer Abstand der Herzaktion kleiner als ein doppeltes Normalintervall (2RR) ist; dies wird als "Nicht-kompensatorische Pause" bezeichnet.

 

Klinisch-relevant: Charakteristika einer SVES:

→ A) Verfrühter Einfall der P-Welle,

→ B) Deformität der P-Welle,

→ C) QRS-Komplex sieht in der Regel normal aus,

→ D) Ein kompensatorische Pause besteht nicht.

 

Diagnose:

→ I: Bestimmung des Kaliumhaushaltes und evtl. Kontrolle einer Digitalis-Therapie (Digitalisintoxikation),

→ II: Langzeit-EKG,

III: Ergometrie.

 

Therapie:

→ I: Bei Herzgesunden bedarf es keiner Behandlung; evtl. ausschalten der provozierenden Faktoren.

→ II: Behandlung der kardialen oder extrakardialen Grunderkrankung.

→ III: Lösen SVES paroxysmale supraventrikuläre Tachykardien oder ein intermittierendes Vorhofflimmern aus, ist eine Therapie mit Verapamil oder einem ß-Blocker indiziert.

→ IV: Bei häufigen und symptomatischen supraventrikulären Extrasystolen gegebenenfalls Katheterablation.