→ Definition:
→ I: Die katatone Schizophrenie stellt ein seltenes Krankheitsbild aus dem schizophrenen Formenkreis dar und ist insbesondere durch psychomotorische Störungen gekennzeichnet.
→ II: Ein bedeutendes Charakteristikum bei dieser Form ist, dass die Symptomatik zwischen Erregungszuständen und Stupor einerseits, sowie Befehlsautomatismus und Negativismus andererseits alternieren kann.
→ Epidemiologie:
→ I: Das Erkrankungsrisiko liegt in der Allgemeinbevölkerung bei 0,2-0,4%; die katatone Schizophrenie macht ca. 5% der Schizophrenien aus.
→ II: Frauen sind vor der Menopause (Östrogenschutz) deutlich seltener als Männer betroffen.
→ Ätiopathogenese: Auch bei der katatonen Schizophrenie handelt es sich um einen multifaktoriellen Pathomechanismus wie bei den anderen Schizophrenie-Formen (Siehe Ätiologie der Schizophrenie).
→ Klinik:
→ I: Klassische Leitsymptome der katatonen Schizophrenie sind Erregung, Bewegungsstereotypien und Automatismen, aber auch Bewegungslosigkeit und Starre des gesamten Körpers (= katatoner Stupor) zumeist kombiniert mit Mutismus.
→ II: Katalepsie: Länger anhaltendes Verharren in einer bizarren Körperhaltung/-position (einschließlich der Extremitäten) nach passiver Bewegung (durch den Untersucher).
→ III: Weitere Symptome: Sind u.a.:
→ 1) Deutlich veränderter Muskeltonus, sodass die Muskulatur bei passiver Bewegung mit einem wächsernen Widerstand bzw. einer wächsernen Biegsamkeit (= Flexibilitas cerea) imponiert.
→ 2) Echolalie und Verbigeration (= Form der Sprachstereotypie mit sinnloser Aneinanderreihung von Silben und deren Wiederholung), aber auch Echopraxie und Echomimie bzw. Grimmassierung.
→ 3) Haltungsstereotypien oder die plötzliche Unterbrechung eines Bewegungsablaufes (= Sperrung).
→ 4) Evtl. Zustände mit lebhaften szenischen Halluzinationen.
→ Komplikationen:
→ I: Katatoner Raptus: Hierbei handelt es sich um einen ausgeprägten Erregungszustand, der durch massive psychomotorische Unruhe, Bewegungsstereotypien (z.B. Schaukeln Umherschlagen, Wälzen), Schreien und evtl. sich Entkleiden imponiert.
→ II: Perniziöse Katatonie: Die eine lebensbedrohliche Notfallsituation darstellt.
→ Diagnose: Bei der Diagnose der katatonen Schizophrenie stehen insbesondere die Eigenanamnese/ Fremdanamnese mit Eruierung der charakteristischen psychomotorischen Symptomen und Verhaltensauffälligkeiten im Vordergrund. Des Weiteren erfolgt eine klinisch-apparative Untersuchung zum Ausschluss somatischer Erkrankungen.
→ Differenzialdiagnose: Von der katatonen Schizophrenie sind insbesondere nachfolgende Erkrankungen abzugrenzen:
→ I: Neurologische:
→ 1) Zerebrale Blutungen wie das chronische Subduralhämatom (arterielle Hypertonie in der Vorgeschichte, neurologische Herdsymptome etc.).
→ 2) Enzephalitis (Liquoruntersuchung),
→ 3) Morbus Hantington (Familienanamnese).
→ II: Psychiatrische:
→ 1) Malignes neuroleptisches Syndrom,
→ 2) Stupor bei schwerer Depression,
→ 3) Psychogene Erregungszustände bei akuten Belastungsreaktionen und der PTBS.
→ 3) Tourette-Syndrom (Fehlen von psychotischen Symptomen, Koprolalie) und andere Zwangsstörungen.
→ 4) Intoxikationen durch Drogen, Alkohol oder Medikamente (Drogenscreening).
→ 5) Wernicke-Enzephalopathie: Mit charakteristischen Symptomen wie zerebelläre Ataxie, Augenmuskelparesen und Nystagmus.
→ Therapie:
→ I: Allgemeinmaßnahmen:
→ 1) Bei der katatonen Schizophrenie sollte immer eine stationäre Aufnahme, bei Eigen-/Fremdgefährdung eine richterliche Unterbringung erfolgen.
→ 2) Evtl. ist eine intensivmedizinische Überwachung mit regelmäßigen Kontrollen von RR, Puls, EKG, Elektrolyten, Leberenzymen indiziert.
→ II: Medikamentöse Therapie:
→ 1) Mehrmalige parenterale Gabe von Lorazepam in einer Dosis von 2-5mg/d kombiniert mit der Applikation eines hochpotenten Neuroleptikums wie Haloperidol (5-15mg/d) oder Fluphenazin (tägliche Dosis von 5-10mg/d).
→ Klinisch-relevant: Abhängig von der Schwere der Symptomatik setzt die medikamentöse Wirkung erst nach Tagen bis Wochen ein.
→ 2) Langzeittherapie: Nach Abklingen der Akutsymptomatik ist die medikamentöse Umstellung zur Remissionsstabilisierung bzw. Rezidivprophylaxe evtl. mit einem Depot-Antipsychotikum über einen Zeitraum von 1-2 Jahren obligat.
→ III: Besteht eine Therapieresistenz kann eine Elektrokonvulsionstherapie erwogen werden.
→ IV: PsychiatrischeTherapie:
→ 1) Hier steht nach Abklingen der akuten Symptome die Psychoedukation mit umfangreicher Aufklärung über das Krankheitsbild, die Erarbeitung der Frühwarnzeichen sowie die Einbeziehung der Familienangehörigen im Vordergrund.
→ 2) Evtl. kann eine supportive Psychotherapie mit Entwicklung von Bewältigungsstrategien versucht werden.
→ 3) Insbesondere Bewegungs-, Ergo- und Soziotherapie dienen der sozialen und beruflichen Rehabilitation.
→ Prognose:
→ I: Bei der katatonen Schizophrenie manifestiert sich zumeist ein schubartig-rezidivierender Krankheitsverlauf mit kurzzeitiger Symptomatik.
→ II: Im Vergleich zu den anderen Schizophrenieformen neigt sie häufig zur Vollremission bzw. bleiben selten Residual-Symptome bestehen.
→ III: Für die Prognose-Einschätzung sind nachfolgende Kriterien von großer Bedeutung.