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- Geschrieben von: CF
- Kategorie: Traumatologie des Abdomens
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→ Allgemein:
→ I: Angesichts der drohenden Komplikationen nach Splenektomie, wird die Erhaltung der Milz in jedem Alter angestrebt; hierfür sollten jedoch mindestens 30-50% des Milzparenchymrestes erhalten werden.
→ II: Etablierte operative Verfahren der milzerhaltenden Interventionen sind u.a.:
→ 1) Bei oberflächlichen Milzverletzungen (Grad I/II) kann die Blutstillung mittels Infrarot- oder Laserkoagulation erfolgen.
→ 2) Weitere Maßnahmen können lokales Auftragen eines Fibrinklebers (= Ein Kleber, bestehend aus 2 Komponenten, der auf die verletzte Parenchymfläche bzw. Kapselläsion aufgetragen wird. Hierbei stellt die eine Komponente ein hochdosiertes Humanfibrinogen, die andere den Aktivator dar), Kollagenvlies (= Es handelt sich um ein lokales Hämostypicum, das aus resorbierbaren Kollagen besteht; die blutstillende Wirkung setzt mit dem Blutkontakt durch Förderung der Thrombozytenaggregation ein) oder oxidierte regenerierte Zellulose sein.
→ 3) Bei Verletzungen III. Grades ist eine direkte Versorgung durch Parenchymnaht mittels U-Naht oder eine Splenorrhaphie (= Einpacken der Milz in ein festsitzendes resorbierbares Netz) durchzuführen.
→ 4) Bei einer Milzruptur IV. Grades ist eine Milzresektion indiziert.
→ Operationsverfahren:
→ I: Milzresektion: Klassische Indikationsstellungen sind u.a.:
→ 1) Traumatische oder iatrogen induzierte Milzrupturen, die mit Hilfe lokaler blutstillender Verfahren nicht beherrschbar sind.
→ 2) Umschriebene benigne Milzveränderungen.
Es handelt sich hierbei um eine anatomische Resektion, die sich streng nach der segmentalen Anordnung der Milzgefäße richtet. Es erfordert eine adäquate Darstellung der Segmentgefäße am Milzhilus. Entsprechend der Verletzung ist eine Polresektion, eine Zweidrittelresektion oder eine Hemisplenektomie erforderlich. Die Blutstillung der Resektionsfläche wird mittels Infrarotkoagulation oder Fibrinkleber erreicht.
→ II: Splenektomie: Definitionsgemäß handelt es sich bei der Splenektomie um die vollständige operative Entfernung der Milz. Sie wird bei sehr unterschiedlichen Erkrankungen eingesetzt. Wichtige Indikationen sind u.a.
→ 1) Elektiveingriff: Wird insbesondere bei hämatologisch-onkologischen Erkrankungen wie z.B. Morbus Hodgkin, Non-Hodgkin-Lymphom, aber auch beim Hyperspleniesyndrom, etc. eingesetzt. 2-4 Wochen vor dem Eingriff sollte eine prophylaktische Impfung (vor OPSI) gegen Pneumokokken (Prevenar), Hämophilus influenza (z.B. Hiberix) und Meningokokken (Meningitec) erfolgen. Weitere elektive Indikationen sind:
→ 2) Tumoroperationen z.B. bei Pankreasschwanzkarzinom, malignen Milztumoren und evtl. im Rahmen einer totalen Gastrektomie bei Magenkarzinom.
→ 3) Portale Hypertension im Zuge der Anlage eines splenorenalen Shunts.
→ 4) Notfalloperation: Zumeist bei ausgeprägten Milzverletzungen, die durch lokale Blustillungsverfahren nicht beherrschbar sind oder bei polytraumatisierten Patienten, bei denen lebensbedrohliche Begleitverletzungen bestehen. Die operative Vorbereitungen umfasst u.a. Applikation eines Klysams am Vorabend, Kreuzen von mindestens 2 Eks. Des Weiteren existieren zudem noch spezielle Vorbereitungen mit Korrektur eine signifikant bestehenden Anämie, da ca 30- 50% des Erythrozytenvolumens von der Milz gespeichert werden kann; dies gilt auch beim präoperativen Nachweis einer Thrombozytopenie. Bei sehr ausgeprägter Splenomegalie ist eine radiologisch-invasive Embolisation der Arteria lienalis zu erwägen. Myeloproliferative Erkrankungen, die mit einer Thrombozytose einhergehen, sollten präoperativ mittels Zytostatika korrigiert werden, um postoperative thromboembolisch oder evtl. hämorrhagische Komplikationen zu vermeiden. Operationsverfahren sind insbesondere:
→ Klinisch-relevant: Ziel ist die Milzexspiration mit Hilfe einer frühzeitigen proximalen Ligatur der A. lienalis am Pankreasschwanz bzw. Pankreasoberrand, um einen massiven Blutverlust zu vermeiden.
→ Operationstechnik:
→ I: Offene OP: Nach medianer/linkssubkostaler Eröffnung erfolgt die Freipräparation der Milz u.a. durch Lösen von Adhäsionen unter Berücksichtigung der tophographischen Beziehungen zu Magen, Kolon, Pankreas und Nebenniere. Anschließend wird die Bursa omentalis zur Darstellung und Ligatur der A. und V. lienalis eröffnet. Zudem werden das Lig. lienocolicum und das Lig. phrenicosplenicum aufgesucht und vollständig durchtrennt und die Milz sowie der Pankreasschwanz stumpf mobilisiert. Nach Separation des Lig gastrosplenicum, in welchem die Vasa gastriaca brevia verlaufen, ist eine Milzenventration mit anschließender schrittweiser Splenektomie möglich.
→ II: Laparoskopische Splenektomie: Hierbei handelt es sich um eine neuere Operationstechnik bei der die Gefäße im Bereich des Milzhilus entweder mit Clips, Klammernahtgerät oder Hochfrequenzdiathermie verschlossen werden. Vergrößerte Organe werden mit Hilfe eines Bergebeutels zerkleinert und über die Trokarinzision aus der Peritonealhöhle entfernt.
→ Postoperatives Management:
→ I: Postoperative Interventionen:
→ 1) Am 1. post-OP Tag erfolgt eine reine Infusionstherapie; nach 24 Stunden beginnt der Kostaufbau mit Trinken; anschließend leichte Kost ab dem 2.Tag.
→ 2) Die Entfernung der bestehenden Milzlogendrainagen ist am 2-3. postoperativen Tag indiziert.
→ 3) Kontrolluntersuchungen: Werden ab dem 2. postoperativen Tag durchgführt und umfassen die Bestimmung des Hämoglobins, der Thrombozyten und Pankreasenzyme, sowie den Sonographiebefund des subphrenischen Bereiches und der Pleura.
→ 4) Thromboseprophylaxe: Generell erfolgt eine postoperative Low-Dose-Heparin-Applikation; Entwickelt sich jedoch eine Thrombozytose mit > als 1000000 Thrombozyten/µl wird zusätzlich ASS in einer Dosis von 500-1000mg/d oral appliziert.
→ 5) Die Hautnähte werden am 12. post-OP-Tag entfernt.
→ II: Postoperative Komplikationen: Neben den allgemeinen Risiken, die durch eine Operation hervorgerufen werden können, existieren noch organspezifische Komplikationen wie:
→ 1) Störungen der Lunge mit konsekutiver Ausbildung von Atelektasen, Pneumonien oder eines Pleuraergusses.
→ 2) Verletzungen von Magen, Kolon und Pankreas mit der Gefahr der Fistelentwicklung, insbesondere zum Kolon.
→ 3) Weitere Komplikationen: Sind u.a. Infektionen wie der subphrenische intaabdominelle Abszess aufgrund eines infizierten Hämatoms bei ungenügender Drainage, postoperative Leukozytose, unklares Fieber (= Milzfieber) sowie die Postsplenektomiesepsis (= OPSI) bei fehlender Impfung.
→ Klinisch-relevant:
→ A) Wird eine evl. bestehende Nebenmilz übersehen, kann es insbesondere bei hämatologischen Erkrankugen zu einem Rezidiv kommen.
→ B) Nach Splenektomie sind charakteristischerweise Howell-Jolly-Körperchen nachweisbar, die Kernreste in den Erythrozyten darstellen. Sind diese nach Splenektomie nicht vorhanden muss an die Exsistenz einer Nebenmilz gedacht werden.
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→ Definition: Bei der Milzruptur handelt es sich um einen meist durch ein stumpfes Bauchtrauma verursachten Einriss des Milzparenchyms mit oder ohne Beteiligung der Kapsel.
→ Epidemiologie: Sie stellt die häufigste intraabdominale Verletzung (in ca. 60% der Fälle) nach stumpfem Bauchtrauma dar. Gerade bei polytraumatisierten Patienten besteht zumeist eine Milzbeteiligung.
→ Ätiologie: Hauptursache stellt insbesondere die direkte bzw. indirekte Gewalteinwirkung dar:
→ I: Die direkte stumpfe Gewalteinwirkung in den Abdominal- bzw. linken unteren Thoraxbereich (z.B. Anprall durch Schlag oder Sturz) ist die häufigste Ursache der Organverletzung.
→ II: Seltener durch eine offene, penetrierende Gewalteinwirkung wie z.B. Schuss-, Stichverletzung und schließlich infolge einer
→ III: Indirekten Gewalteinwirkung: Aufgrund eines Akzelerationstraumatas wie das Abfangen des Oberkörpers durch einen Sicherheitsgurt. Hierbei kann die Milz aus ihrem ligamentären Halteapparat herausgerissen und verletzt werden.
→ Klassifikation: Die Milzruptur kann hinsichtlich ihres Entstehungsmechanismus unterteilt werden in:
→ I: Akute einzeitige Milzverletzung: Hierbei kommt es zu einer gleichzeitigen Verletzung von Milzparenchym und Kapsel.
→ II: Zweizeitige Milzruptur: Nach Milztrauma entwickelt sich zunächst ein stabil tamponiertes Milzhämatom, das nach einer 48-stündigen bis 6-wöchigen symptomfreien Latenz sekundär in die freie Bauchhöhle ruptiert.
→ III: Okkulte, chronische Milzruptur: Stellt eine Sonderform der zweizeitigen Milzverletzung dar und wird durch bestehende Verwachsungen und Adhäsionen bestimmt. Die Milzblutung kann Wochen bis Jahre nach dem primären Trauma auftreten und weist eine ähnliche Symptomatik wie ein Herzinfarkt, eine Lungenembolie oder eine akute Pankreatitis auf.
→ IV: Spontane Milzruptur: Es handelt sich um eine Verletzung der Milz ohne adäquates, äußeres Trauma. Risikofaktoren sind u.a.:
→ 1) Ein vorgeschädigtes Organ mit konsekutiver Splenomegalie
→ 2) Komplikationen infolge einer Mononukleose, Malaria, Typhus, Morbus Gaucher, aber auch
→ 3) Bei malignen Systemerkrankungen wie die Leukämie.
→ V: Iatrogene Milzruptur: Eine Verletzung der Milz im Zuge von intraabdominalen Operationen wie die Hemikolektomie links, Eingriffe im Bereich des Magens, der linken Niere und des Pankreas.
→ Klinik: Die klinische Symptomatik richtet sich sehr stark nach der Menge des Blutverlustes und umfasst:
→ I: Prellmarken am linken Hemithrorax bzw. Frakturen der 9-11. Rippe links,
→ II: Leichtere spontane oder durch Druck induzierte Schmerzen im linken oberen Quadranten bei hämodynamisch stabilen Patienten, über das
→ III: Kehr-Zeichen: Hierbei handelt es sich um Schmerzen, die aufgrund einer Phrenikusreizung bei bestehendem intraabdominalen Hämatom bis in die linke Schulter ausstrahlen. Das Kehr-Zeichen kann durch Kopftieflagerung provoziert werden, bis hin zu einem
→ IV: Oberbauchperitonismus und Zeichen eines hypovolämischen Schocks mit Blässe, arteriellen Hypotonie und Tachykardie.
→ Schweregradeinteilung:
→ I: Grad 1: Isolierter Kapseleinriss mit subkapsulärem Hämatom < 10% der Organoberfläche. Es handelt es um einen nicht-blutenden Kapseleinriss. Therapeutisch ist eine Überwachung des Patienten indiziert. Evtl. erfolgt eine lokale Blutstillung durch Elektro- Infrarot- oder Laserkoagulation.
→ II: Grad 2: Oberflächlicher Parenchym- und Kapseleinriss mit subkapsulärem Hämatom zwischen 10-50% der Organoberfläche. Es besteht ein blutender Kapseleinriss. Therapeutisch ist eine lokale Blutstillung mittels Elektro-, Infrarot- oder Laserkoagulation bzw. eine Deckung mittels Fibrinkleber oder Kollagenvlies indiziert.
→ III: Grad 3: Es handelt sich um einen Kapsel- und Parenchymeinriss mit subkapsulärem Hämatom > 50% der Organoberfläche infolge einer aktiven Blutung (Beteiligung eines Trabekelgefäßes). Therapeutisch ist die Ausräumung des Hämatoms mit anschließender Nahtsetzung bzw. Splenorrhapie (= Kompression der Milz durch Einpackung in ein resorbierbares Netz) indiziert.
→ IV: Grad 4: Ruptiertes intraparenchymales Hämatom mit Beteiligung eines Segment- oder Hilusgefäßes (= aktive Blutung). Die Behandlung umfasst die Ligatur des betroffenen Gefäßes sowie ein Milzteilresektion.
→ V: Grad 5: Hierbei beseht eine vollständige Organzerstörung durch Abriss der Milz im Bereich des Hilums. Therapeutisch wird eine Splenektomie durchgeführt.
→ Diagnose:
→ I: Anamnese/Klinische Untersuchung: Wichtig ist die Erfassung des Unfallhergangs bzw. vorbestehender Erkrankungen, die mit einer Splenomegalie einhergehen. Klinische Untersuchung mit evtl. Nachweis von Prellmarken, Rippenfraktur, Provokation des Kehr-Zeichens bei Kopftieflagerung.
→ II: Labor: Charakteristisch ist der Abfall des Hämatokrits und Hämoglobins bei gleichzeitiger Ausbildung einer ausgeprägten Leukozytose innerhalb von Stunden.
→ III: Bildgebende Verfahren:
→ 1) Sonographie: Hierbei zeigt sich zumeist eine homogene, unterschiedlich konfigurierte, echoarme bis echofreie Raumforderung, die bei intakter Kapsel kappenförmig der Milz aufliegt; evtl. ist auch eine Doppelkontur der Kapsel nachweisbar. Bei Kapselriss manifestiert sich freie Flüssigkeit perilienal, aber auch perihepatisch, unter dem Diaphragma oder im Douglasraum.
→ Klinisch-relevant: Ist eine Milzruptur sonographisch nicht eindeutig eruierbar sollten gerade in den ersten Stunden nach dem Trauma engmaschige Sonographiekontrollen erfolgen.
→ 2) Abdomen-Übersichtsaufnahme: Indirekte Zeichen sind ein unscharfer Milzschatten, Verlagerung von Nachbarorganen wie z.B. die Interposition des Kolons zwischen Leber und Diaphragma (= Chilaiditi-Syndrom).
→ 3) CT + Kontrastmittel: Im Nativ-CT lassen sich Konturunregelmäßigkeiten sowie subkapsulär eine hyperdense Flüssigkeit nachweisen. Unter Kontrastmittel-Gabe sind aktive Blutungen oder ein evtl. Zerreißen der Milz eruierbar.
→ Differenzialdiagnose: Hiervon abzugrenzen sind insbesondere:
→ I: Rippen- und Rippenserienfrakturen,
→ II: Hämato- bzw. Pneumothorax.
→ III: Akutes Abdomen anderer Genese.
→ Therapie: Allgemein richtet sich die Behandlung nach dem Ausmaß bzw. Schweregrad der Verletzung und der Menge des Blutverlustes. Grundsätzlich werden primär organerhaltende Therapiemaßnahmen angestrebt (vor allem bei Kindern, da bei Splenektomie ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer Pneumokokkensepsis besteht).
→ I: Konservative Therapie: Im Stadium I/II bei hämodynamisch stabilen Patienten. Es erfolgt eine engmaschige, 2-stündliche Kontrolle der Vital-, Laborparameter und des sonographischen Befundes auf einer chirurgischen Intensivstation. Des Weiteren ist Bettruhe über einen Zeiraum von 5-10 Tagen indiziert. Bei ersten Anzeichen einer Dekompensation wie RR-Abfall, Hb-, Transfusionsbedarf > 2 Erythrozytenkonzentrate/d für einen Erwachsenen ist eine Laparotomie indiziert mit dem Ziel der Organerhaltung.
→ II: Operative Therapie: (milzerhaltende Operation/Splenektomie) Es wird immer eine Milzerhaltung angestrebt. Operative Verfahren sind u.a.:
→ 1) Lokale Blutstillung durch Koagulation oder Naht (Kapselnaht), evtl. Splenorrhaphie mittels Netzkompression (PGS-Netz).
→ 2) Ein weitere Maßnahme ist die Segment- oder Milzteilresektion (Restmenge von 40% intakt-durchbluteten Milzgewebe ist erforderlich) und eine
→ 3) Als ultima ratio gilt die Splenektomie.
→ Postoperative Komplikationen: Sind v.a.:
→ I: Nachblutungen, iatrogene Verletzungen der großen Magenkurvatur und des Pankreasschwanzes, Magenperforation, Ausbildung einer akuten Pankreatitis, etc.
→ II: Eine weitere wichtige und häufige Komplikation (10-20%) betrifft die Lunge mit Ausbildung von Atelektasen, Pneumonien oder eines Pleuraergusses.
→ III: Blutbildveränderungen mit Leukozytose und Thrombozytose über Wochen, sowie der Nachweis von Erythrozyten mit Jolly-Howell-Körperchen.
→ Klinisch-relevant: Steigt die Thrombozytenzahl über 1x 106/µl ist eine low-dose Heparin-Applikation indiziert.
→ IV: Postsplenektomie-Sepsis: (= OPSI-Syndrom) Durch Infektion mit spezifischen bakteriellen Erregern wie Pneumokokken und Haemophilus influenza. Diesbezüglich ist eine prophylaktische Impfung 2 Wochen nach Splenektomie obligat.
→ Prognose: Diese ist von den Begleitverletzungen, dem Blutverlust und dem Alter des Patienten abhängig. Die Letalität schwankt zwischen 0% bei isolierter Milzverletzung und 15%.