Definition: Bei Clozapin handelt es sich um den Prototyp der Antipsychotika der 2. Generation, welches keine extrapyramidal-motorischen Nebenwirkungen aufweist, da es insbesondere eine hohe Affinität zum D4-Rezeptor besitzt (und weniger zum D2-Rezeptor).

759 Clozapin Wirkung an den verschiedenen D Rezeptoren

 

Indikation:

→ I: Therapieresistente Schizophrenie,

 II: Psychotische Symptome bei Morbus Parkinson.

→ III: Eine medikamentöse Therapie mit Clozapin ist nur mit schriftlicher Einverständniserklärung des Patienten oder eines Betreuers möglich.

 

 Dosierung:

→ I: Einschleichender Beginn mit einer Initialdosis von 1-2x 12,5mg/d und langsamer Steigerung um 25-50mg/d;

→ II: Die mittlere Tagesdosis liegt bei 250-450mg/d und kann bis zu einer Maximaldosis von 900mg/d gesteigert werden.

 

Wirkmechanismus: Clozapin blockiert vor allem neben den D4- (hohe Rezeptorzahl im Frontalhirn und Hippocampus), D1- und D3-Rezeptoren, die 5HT2a-Rezeptoren (serotonoerg) H1-Histamin-, Alpha1- (adrenerg) und cholinergen Rezeptoren. Aufgrund der Affinität zu einem großen Rezeptorspektrum handelt es sich bei Clozapin um ein "Dirty-drug".

 

Pharmakokinetik: 

→ I: Nach oraler Substitution wird Clozapin fast vollständig resorbiert und erreicht eine Bioverfügbarkeit von ca. 50-60%.

→ II: Die maximale Serumkonzentration wird nach 2-4 Stunden erreicht, die Eliminations-HWZ wird nach 12-16 Stunden erreicht. Clozapin wird fast ausschließlich in der Leber über das Cyptochrom-P-450, vornehmlich über die CYP-1A2, aber auch über die CYP-2C19 und CYP-3A4 metabolisiert.

→ III: Hierbei entsteht u.a. das N-Desmethyl-Clozapin (hat Wirkung auf weitere Neurotransmitter-Systeme) und Clozapin-N-oxid.

→ IV: Die Steady-State-Situation wird nach 6-10 Tagen erreicht, der angestrebte Plasmaspiegel von Clozapin liegt zwischen 350-600ng/ml.

603 Pharmakokinetik des Clozapins

 

  Klinisch-relevant: Es darf nur eingesetzt werden, wenn zwei Neuroleptika nicht vertragen werden bzw. eine Therapieresistenz besteht. Clozapin ist das einzige Antipsychotikum, das gegenüber den anderen Antipsychotika eine bessere Wirksamkeit aufweist.

 

Nebenwirkungen:

→ I: Sedierung gerade zu Therapiebeginn; z.T. sehr ausgeprägt.

 II: Leukopenie und Agranulozytose bis hin zur aplastischen Anämie in 1% der Fälle (bildet sich aber nach Absetzen der Medikamente zurück).

 III: Senkung der Krampfschwelle (Epilepsie allgemein), gerade bei rascher Aufdosierung oder hohen Dosen.

 IV: Anticholinerge Nebenwirkungen: Mit Schwitzen, Tachykardie, Obstipation, Harnverhalten bis hin zum anticholinergen Syndrom, bei schneller Aufdosierung.

→ V: Gatrointestinale NW: Vermehrter Speichelfluss (Therapie mittels Pirenzepin 25-100mg/d), Übelkeit, Erbrechen, Obstipation, Ileus, Transaminase-Erhöhung, Hepatitis, fulminante Leberzellnekrose, Cholestase, evtl. Pankreatitis.

 VI: Orthostatische Dysregulation (= Orthostatische Hypotonie), Tachykardie und arterielle Hypotonie.

→ VII: Neurologische NW: Sind u.a. Kopfschmerzen, Tremor, Myoklonien und Epilepsie mit generalisierte Krampfanfälle.

→ VIII: Temperaturerhöhung: Nicht selten entwickeln sich um den 10. Tag nach Therapiebeginn erhöhte Temperatur und Fieber. Bei stabilem Differenzialblutbild ist ein Absetzten des Präparates nicht nötig. 

 IX: Kardiale Nebenwirkungen: Hierbei können sich Myo- bzw. Perikarditis sowie eine Kardiomyopathie manifestieren.

 X: Weitere Nebenwirkungen: Allergische Hautreaktionen, Störungen der Blasenfunktion, deutliche Gewichtszunahme, metabolisches Syndrom, schwere Hyperglykämien.

602 Besonderheiten des Clozapins

 

Klinisch-relevant:

→ A) Das Risiko eine Agranulozytose unter Clozapin zu entwickeln, ist mit 1-2 % der Fälle hoch und hat einen Häufigkeitsgipfel um die 5.-15. Behandlungswoche. Der Patient muss aufgeklärt werden, dass regelmäßige Kontrollen des Differenzialblutbildes zum Ausschluss einer Granulozytopenie (< 1500/µl Granulozyten) bzw. Agranulozytose (< 500/µl) indiziert sind. Sie erfolgen vor Behandlungsbeginn (Leukozytenzahl > 3500/µl), in den ersten 18. Wochen wöchentlich, im weiteren Therapieverlauf dann alle 4 Wochen. Nach Beendigung der Therapie ist eine weitere 4-wöchige Blutbildkontrolle indiziert.

→ B) Ist eine Agranulozytose nachweisbar, ist Isolation des Patienten und die Gabe von Granulozyten-kolonien-stimulierenden-Faktoren (= G-CSF) in einer Dosierung von 300µg s.c./d obligat.

→ C) Häufigere Differenzialblutbildkontrollen: Sind u.a. indiziert:

→ 1) Wenn die Leukozytenzahl bei 3000/µl liegt bzw. um 3000/µl abfallen, ist eine Differenzialblutbildkontrollen indiziert.

→ 2) Ein sofortiges Absetzen ist obligat, wenn die Leukozytenzahl < 3000/µl bzw. die neutrophilen Granulozyten auf < 1500/µl abfallen.

 

Kontraindikation: Wichtige Kontraindikationen für die Clozapin-Behandlung sind u.a.:

→ I: Kinder und Jugendliche unter dem 16. Lebensjahr.

→ II: Erkrankungen des blutbildenden Systems,

→ III: Aktive Hepatitiden, sowie progressive Lebererkrankungen und Leberversagen. 

→ IV: Kardiale Erkrankung,

→ V: Neurologische Erkrankungen: Wie medikamentös-schlecht kontrollierbare Epilepsien, postenzephalitische Zustände, akute Vergiftungen mit zenral-nervös wirkenden Substanzen.

 

Wechselwirkungen:

→ I: Durch eine Kombinationstherapie mit Lithium steigt die Neurotoxizität und erhöht das Risiko für die Entwicklung eines malignen neuroleptischen Syndroms.

→ II: Kombination mit sedierenden Medikamenten, insbesondere mit Benzodiazepinen und weiteren zentral-nervös wirkenden Substanzen wie Psychopharmaka, MAO-Hemmern etc. kann zu RR-Abfall, Bewußtlosigkeit und Herzstillstand führen.

→ III: Pharmaka, die Einfluss auf das blutbildende System haben wie z.B. Carbamazepin.

→ IV: CYP 1A2 induzierende Substanzen wie Omeprazol und Nikotin führen zum Absinken des Clozapin-Plasmaspiegels.

→ V: Anstieg des Clozapin-Plasmaspiegel durch eine Kombinationstherapie mit SSRI (z.B. Paroxetin, Fluoxetin etc.).