→ Definition: Bei Clozapin handelt es sich um den Prototyp der Antipsychotika der 2. Generation, welches keine extrapyramidal-motorischen Nebenwirkungen aufweist, da es insbesondere eine hohe Affinität zum D4-Rezeptor besitzt (und weniger zum D2-Rezeptor).
→ Indikation:
→ I: Therapieresistente Schizophrenie,
→ II: Psychotische Symptome bei Morbus Parkinson.
→ III: Eine medikamentöse Therapie mit Clozapin ist nur mit schriftlicher Einverständniserklärung des Patienten oder eines Betreuers möglich.
→ Dosierung:
→ I: Einschleichender Beginn mit einer Initialdosis von 1-2x 12,5mg/d und langsamer Steigerung um 25-50mg/d;
→ II: Die mittlere Tagesdosis liegt bei 250-450mg/d und kann bis zu einer Maximaldosis von 900mg/d gesteigert werden.
→ Wirkmechanismus: Clozapin blockiert vor allem neben den D4- (hohe Rezeptorzahl im Frontalhirn und Hippocampus), D1- und D3-Rezeptoren, die 5HT2a-Rezeptoren (serotonoerg) H1-Histamin-, Alpha1- (adrenerg) und cholinergen Rezeptoren. Aufgrund der Affinität zu einem großen Rezeptorspektrum handelt es sich bei Clozapin um ein "Dirty-drug".
→ Pharmakokinetik:
→ I: Nach oraler Substitution wird Clozapin fast vollständig resorbiert und erreicht eine Bioverfügbarkeit von ca. 50-60%.
→ II: Die maximale Serumkonzentration wird nach 2-4 Stunden erreicht, die Eliminations-HWZ wird nach 12-16 Stunden erreicht. Clozapin wird fast ausschließlich in der Leber über das Cyptochrom-P-450, vornehmlich über die CYP-1A2, aber auch über die CYP-2C19 und CYP-3A4 metabolisiert.
→ III: Hierbei entsteht u.a. das N-Desmethyl-Clozapin (hat Wirkung auf weitere Neurotransmitter-Systeme) und Clozapin-N-oxid.
→ IV: Die Steady-State-Situation wird nach 6-10 Tagen erreicht, der angestrebte Plasmaspiegel von Clozapin liegt zwischen 350-600ng/ml.
→ Klinisch-relevant: Es darf nur eingesetzt werden, wenn zwei Neuroleptika nicht vertragen werden bzw. eine Therapieresistenz besteht. Clozapin ist das einzige Antipsychotikum, das gegenüber den anderen Antipsychotika eine bessere Wirksamkeit aufweist.
→ Nebenwirkungen:
→ I: Sedierung gerade zu Therapiebeginn; z.T. sehr ausgeprägt.
→ II: Leukopenie und Agranulozytose bis hin zur aplastischen Anämie in 1% der Fälle (bildet sich aber nach Absetzen der Medikamente zurück).
→ III: Senkung der Krampfschwelle (Epilepsie allgemein), gerade bei rascher Aufdosierung oder hohen Dosen.
→ IV: Anticholinerge Nebenwirkungen: Mit Schwitzen, Tachykardie, Obstipation, Harnverhalten bis hin zum anticholinergen Syndrom, bei schneller Aufdosierung.
→ V: Gatrointestinale NW: Vermehrter Speichelfluss (Therapie mittels Pirenzepin 25-100mg/d), Übelkeit, Erbrechen, Obstipation, Ileus, Transaminase-Erhöhung, Hepatitis, fulminante Leberzellnekrose, Cholestase, evtl. Pankreatitis.
→ VI: Orthostatische Dysregulation (= Orthostatische Hypotonie), Tachykardie und arterielle Hypotonie.
→ VII: Neurologische NW: Sind u.a. Kopfschmerzen, Tremor, Myoklonien und Epilepsie mit generalisierte Krampfanfälle.
→ VIII: Temperaturerhöhung: Nicht selten entwickeln sich um den 10. Tag nach Therapiebeginn erhöhte Temperatur und Fieber. Bei stabilem Differenzialblutbild ist ein Absetzten des Präparates nicht nötig.
→ IX: Kardiale Nebenwirkungen: Hierbei können sich Myo- bzw. Perikarditis sowie eine Kardiomyopathie manifestieren.
→ X: Weitere Nebenwirkungen: Allergische Hautreaktionen, Störungen der Blasenfunktion, deutliche Gewichtszunahme, metabolisches Syndrom, schwere Hyperglykämien.
→ Klinisch-relevant:
→ A) Das Risiko eine Agranulozytose unter Clozapin zu entwickeln, ist mit 1-2 % der Fälle hoch und hat einen Häufigkeitsgipfel um die 5.-15. Behandlungswoche. Der Patient muss aufgeklärt werden, dass regelmäßige Kontrollen des Differenzialblutbildes zum Ausschluss einer Granulozytopenie (< 1500/µl Granulozyten) bzw. Agranulozytose (< 500/µl) indiziert sind. Sie erfolgen vor Behandlungsbeginn (Leukozytenzahl > 3500/µl), in den ersten 18. Wochen wöchentlich, im weiteren Therapieverlauf dann alle 4 Wochen. Nach Beendigung der Therapie ist eine weitere 4-wöchige Blutbildkontrolle indiziert.
→ B) Ist eine Agranulozytose nachweisbar, ist Isolation des Patienten und die Gabe von Granulozyten-kolonien-stimulierenden-Faktoren (= G-CSF) in einer Dosierung von 300µg s.c./d obligat.
→ C) Häufigere Differenzialblutbildkontrollen: Sind u.a. indiziert:
→ 1) Wenn die Leukozytenzahl bei 3000/µl liegt bzw. um 3000/µl abfallen, ist eine Differenzialblutbildkontrollen indiziert.
→ 2) Ein sofortiges Absetzen ist obligat, wenn die Leukozytenzahl < 3000/µl bzw. die neutrophilen Granulozyten auf < 1500/µl abfallen.
→ Kontraindikation: Wichtige Kontraindikationen für die Clozapin-Behandlung sind u.a.:
→ I: Kinder und Jugendliche unter dem 16. Lebensjahr.
→ II: Erkrankungen des blutbildenden Systems,
→ III: Aktive Hepatitiden, sowie progressive Lebererkrankungen und Leberversagen.
→ IV: Kardiale Erkrankung,
→ V: Neurologische Erkrankungen: Wie medikamentös-schlecht kontrollierbare Epilepsien, postenzephalitische Zustände, akute Vergiftungen mit zenral-nervös wirkenden Substanzen.
→Wechselwirkungen:
→ I: Durch eine Kombinationstherapie mit Lithium steigt die Neurotoxizität und erhöht das Risiko für die Entwicklung eines malignen neuroleptischen Syndroms.
→ II: Kombination mit sedierenden Medikamenten, insbesondere mit Benzodiazepinen und weiteren zentral-nervös wirkenden Substanzen wie Psychopharmaka, MAO-Hemmern etc. kann zu RR-Abfall, Bewußtlosigkeit und Herzstillstand führen.
→ III: Pharmaka, die Einfluss auf das blutbildende System haben wie z.B. Carbamazepin.
→ IV: CYP 1A2 induzierende Substanzen wie Omeprazol und Nikotin führen zum Absinken des Clozapin-Plasmaspiegels.
→ V: Anstieg des Clozapin-Plasmaspiegel durch eine Kombinationstherapie mit SSRI (z.B. Paroxetin, Fluoxetin etc.).