- Details
- Geschrieben von: CF
- Kategorie: Harnwegsinfektionen
- Zugriffe: 2318
→ Definition: Bei der Harnwegsinfektion handelt es sich um eine Infektion des Harntrakts (= Gesamtheit der Harnorgane mit Nieren, Nierenbeckenkelchsystem, Ureteren, Vesica urinaria und Uretra) mit Bakterien, Trichomonaden, Clamydien, Mykoplasmen, aber auch Pilzen oder Parasiten. Zu dem Krankheitsbild zählen insbesondere:
→ I: Akute Zystitis,
→ II: Akute - und chronische Pyelonephritis
→ III: Urethritis bis hin zur
→ IV: Lebensbedrohlichen Urosepsis (in manchen Büchern zählen auch Prostatitis, Epididymitis und Orchitis dazu).
→ Klinisch-relevant: Die komplizierten Harnwegsinfekte sind definiert als:
→ A) Alle Harnwegsinfekte bei Kindern, Männern und Schwangeren.
→ B) Bestehen von anatomischen oder funktionellen Besonderheiten und
→ C) Innerhalb der letzten 2 Wochen:
→ 1) Anlage eines Blasenkatheters,
→ 2) Entlassung aus einem Krankenhaus oder Pflegeheim und
→ 3) Antibiotikatherapie.
→ Epidemiologie: Die Harnwegsinfektionen stellen die häufigsten bakteriellen Infektionen des Menschen dar.
→ I: Im Erwachsenenalter (zwischen 15.-50. Lebensjahr) erkranken insbesondere Frauen an HWI.
→ II: Bei Männern ist die Harnwegsinfektion vor dem 50. Lebensjahr eine Seltenheit, jedoch nimmt die Inzidenz mit zunehmendem Alter insbesondere aufgrund von Prostataerkrankungen deutlich zu.
→ Ätiopathogenese: Harnweginfektionen werden insbesondere durch potenziell pathogene Bakterien aus Darm und Vagina verursacht.
→ I: Es kommt überwiegend zur Kolonisation der periurethralen Schleimhaut und anschließendem Aszendieren in die Harnblase, gegebenenfalls auch in die Nieren; eine hämatogene Infektion manifestiert sich nur selten.
→ II: Häufiger Erreger der Harnwegsinfekte sind u.a. E. coli, Enterokokken, Proteus, Klebsiellen, Pseudonomas, Serratien, etc.
→ III: Weitere wichtige begünstigende Faktoren bzw. Risikofaktoren für einen HWI sind:
→ 1) Weibliches Geschlecht, kürzlicher Geschlechtsverkehr (Honeymoon-Zystitis), aber auch Gravidität.
→ 2) Obstruktive Harnwegserkrankungen wie angeborene Anomalien, Steine, Koagel, entzündliche Strikturen, Prostatatumoren sowie weitere Tumoren, retroperitoneale Fibrose, etc.
→ 3) Vesikoureteraler Reflux angeboren oder durch Obstruktion erworben.
→ 4) Immunsuppression bei z.B. Diabetes mellitus oder immunsuppressiver Therapie.
→ 5) Iatrogen diagnostische Eingriffe oder Anlage eines Blasenkatheters, etc.
→ 6) Weitere Ursachen: Sind insbesondere neurogene Blasenentleerungsstörungen (bei Querschnittslähmung), Multiple Sklerose, Analgetikaabusus, Gebrauch von Spermiziden, Immobilisation und nicht zuletzt zu geringe Flüssigkeitszufuhr, etc.
→ Klinik: Das klinische Bild der Harnweginfekte ist sehr variabel und reicht von einer asympytomatischen Bakteriurie bis hin zur Urosepsis.
→ I: Asymptomatische Bakteriurie: Ist gekennzeichnet durch einen positiven Erregernachweis ohne klinische Symptomatik. Eine antibiotische Therapie ist in der Regel nicht indiziert; Ausnahmen sind u.a. Kinder, Schwangerschaft, Vorliegen einer Obstruktion, operative oder interventionelle urologische Eingriffe. Therapeutisches Mittel der Wahl sind Fluorochinolone oder Cephalosporine der dritten Generation.
→ II: Klinisches Bild u.a. einer:
→ 1) Akuten Zystitis: Erschwerte - (= Dysurie) und schmerzhafte Harnentleerung (= Algurie) mit häufigem Harndrang (= Pollakisurie), evtl. auch nachts (= Nykturie) sowie Unterbauchschmerzen. Eine wichtige Komplikation der akuten Zystitis ist die Pyelonephritis.
→ 2) Die akute Pyelonephritis ist gekennzeichnet durch das Auftreten von Dysurie, Flankenschmerzen, klopfschmerzhaftes Nierenlager, Fieber, Schüttelfrost, gelegentlich auch Übelkeit und Erbrechen. Wichtige und z.T. schwerwiegende Komplikationen der akuten Pyelonephritis sind Urosepsis, paranephritischer Abszess und Pyonephrose mit anschließender Niereninsuffizienz.
→ II: Chronische Pyelonephritis: Zumeist jahrelang symptomlos mit intermittierenden akuten Schüben oder aber auch allgemein unspezifischen Symptomen wie Leistungsminderung, Abgeschlagenheit, Kopf- und Rückenschmerzen. Komplikationen der chronischen Pyelonephritis sind u.a. renale Hypertonie und progrediente Niereninsuffizienz.
→ Diagnose:
→ I: Anamnese/klinische Untersuchung: Abklärung von urologischer Voroperationen und Harnabflussbehinderungen, Immunsuppression durch z.B. Diabetes mellitus oder Medikamente, etc. Die klinische Untersuchung umfasst insbesondere den Flankenschmerz, das schmerzhafte Nierenlager, aber auch die rektal-digitale Prostata-Untersuchung, etc.
→ II: Labor:
→ 1) Urinanalyse: (aus Nativ- oder Mittelstrahlurin) Mit Leukozyturie, signifikanter Bakteriurie (Mittelstrahlurin > 105 Keime/ml Urin 2malig) und Nitritnachweis (da Nitrite im Organismus ohne Bakterien nicht vorkommen, ist eine Bestätigung ein Nachweis für eine bakterielle Infektion) durch die bakterielle Nitratreduktase.
→ 2) Indikationen für eine Urinkultur sind komplizierte Harnwegsinfekte, systemische klinische Zeichen (z.B. bei Pyelonephritis oder Urosepsis), aber auch ein Nichtansprechen einer 48-stündigen Antibiotikatherapie oder Bakteriurie in der Schwangerschaft.
→ 3) Mikrobiologische Untersuchung: Sterile Leukozyturie bei Gonorrhö, Urogenital-TBC, Analgetikanephropathie, Reiter-Syndrom, beginnende Antibiotikatherapie.
→ 4) Blutuntersuchung: Mit Bestimmung der Retentionswerte, Entzündungsparameter, Differenzialblutbild (Linksverschiebung), gegebenenfalls Blutkulturen bei Verdacht auf Urosepsis.
→ III: Bildgebende Verfahren:
→ 1) Sonographie: Ausschluss oder Nachweis von Steinschatten, Harnstau und Blasenfüllung bzw. Restharnbestimmung und Beurteilung der Prostata und Nieren (Nierengröße, Parenchymveränderungen, Narben, Zysten, etc.).
→ 2) Evtl. intravenöse Pyelogramm zum Ausschluss von Obstruktionen, Nierensteinen und Divertikel, aber wiederum auch zur Beurteilung der Nieren (z.B. asymmetrische Nierenschrumpfung, Kelchdeformitäten, etc.). Diese Untersuchung darf nur bei einem Kreatinin von < 2,5mg/dl durchgeführt werden.
→ 3) Weitere bildgebende Verfahren wie CT und MRT bei speziellen Fragestellungen, Miktionszystourogramm bei Verdacht auf Reflux oder Zystoskopie zum Tumorausschluss bei Makrohämaturie.
→ Therapie: Die Therapie der Harnwegsinfekte umfasst zum einen wichtige Allgemeinmaßnahmen, zum anderen die spezifische Antibiotikatherapie.
→ I: Allgemeinmaßnahmen: Beinhaltet insbesondere:
→ 1) Ausschaltung der begünstigenden Faktoren.
→ 2) Bettruhe bei akuter Pyelonephritis und reichlich Flüssigkeitszufuhr und nicht zuletzt
→ 3) Bei Schmerzen Applikation eines Spasmolytikums wie z.B. Buscopan.
→ II: Antibiotikatherapie:
→ 1) Unkomplizierte Harnwegsinfektion mit:
→ 2) Die Behandlung der komplizierten HWI umfasst die Harnwegsinfektion des Mannes sowie die akute Pyelonephritis. Initial steht die Anbehandlung mit Cotrimoxazol oder Chinolon im Vordergrund; anschließend erfolgt gegebenenfalls ein Wechsel des Antibiotikums nach Antibiogramm. Die Therapiedauer beträgt mindestens 2-3 Wochen. Bei schweren Krankheitsverläufen ist eine stationäre Aufnahme mit intravenöser Antibiotika-Applikation bis 48 Stunden nach Entfieberung indiziert.
→ 3) Wichtige Aspekte der chronischen Pyelonephritis umfassen u.a.:
- Details
- Geschrieben von: CF
- Kategorie: Harnwegsinfektionen
- Zugriffe: 2922
→ Definition: Als Zystitis bezeichnet man die Organreaktion der Harnblase auf unterschiedliche Noxen. Für die Schädigung der Blase kommen insbesondere bakterielle und/oder virale Erreger, chemische Substanzen, ionisierende Strahlen und nicht zuletzt immunologische Faktoren in Frage. Bei der akuten Zystitis handelt es sich um eine akute Entzündung der Mukosa und Submukosa der Harnblase zumeist durch gram-negative Bakterien insbesondere E. coli (80%, seltener durch gram-positive Bakterien z.B. Enterokokken, Staphylococcus, etc.) verursacht. Typischerweise kann sie isoliert oder in Kombination mit einer Pyelonephritis oder Prostatitis auftreten.
→ Epidemiologie:
→ I: Die Zystitis stellt bei Frauen die häufigste Infektionskrankheit dar;
→ II: Bei Männern ist die seltener, jedoch fast ausschließlich kompliziert.
→ III: Vor allem bei Männern zeigt sich ein Manifestationsgipfel ab dem 50. Lebensjahr zumeist aufgrund einer Prostatavergrößerung.
→ Ätiologie: Eine akute Zystitis wird in der Regel nur dann als unkompliziert bezeichnet, wenn sie bei sonst gesunden, nicht schwangeren Frauen auftritt.
→ I: Auslöser der Erkrankung sind in 70-90% der Fälle Kolikeime insbesondere E. coli, aber auch Enterokokken, Staphylococcus saprophyticus, Proteus mirabilis, Klebsiellen und Peudonomas, etc.
→ II: Pyurie bei negativer Standard-Urinkultur kann auf intrazelluläre Clamydien, Ureaplasma oder Mykobakterien hinweisen. Insbesondere bei älteren Patienten mit schlechtem Allgemeinzustand und HIV-Patienten, etc. manifestiert sich nicht selten ein Candidabefall.
→ III: Weitere Risikofaktoren: (Für die komplizierte Zystitis) sind u.a.:
→ 1) Hohe sexuelle Aktivität.
→ 2) Alter jenseits des 65. Lebensjahres und Diabetes mellitus.
→ 3) Blasenkatheter und Obstruktionen (anatomisch oder funktionell) der ableitenden Harnwege.
→ 4) Schwangerschaft und Immunsuppression.
→ Pathogenese: Pathomechanismus ist die Besiedlung und Anheftung fäkaler Keime im Bereich des Scheideneingangs, Urethra und der Blase. Diese bakterielle Adhärenz gilt als Ausgangspunkt der Infektion und wird durch haarartige Pili oder Fimbrien vermittelt. Diese Pili und ihre spezifischen Adhäsine bestimmen die Virulenz des Bakterium (man unterscheidet hierbei u.a. die P1-Pili und die P-Pili, letztere die insbesondere bei der Entstehung der Pyelonephritis eine bedeutende Rolle spielen). Männer sind durch die längere Harnröhre, antibakterielle Inhaltsstoffe des Prostatasekrets und die geringere Besiedlung des Meatus urethrae deutlich besser geschützt.
→ Klinik: In der Regel fehlen bei der akuten Zystitis Allgemeinsymptome und Fieber.
→ I: Kardinalsymptome der akuten Zystitis sind suprapubische Schmerzen, Miktionsstörungen wie Dysurie, Pollakisurie, Algurie, etc. sowie trüber, häufig terminal blutiger Urin.
→ II: Kinder und alte Menschen haben nicht selten geringere oder maskierte klinische Beschwerden wie generalisierte Bauchschmerzen, Übelkeit und Erbrechen.
→ Klinisch-relevant: Fieber, Flankenschmerzen und Erbrechen legen den Verdacht der Beteiligung des oberen Harntraktes nahe.
→ Klassifikation: Bei der Zystitis kann zwischen einer akuten und chronischen Form unterschieden werden. Die akute Zystitis weist wiederum zwei Unterformen, die unkomplizierte und komplizierte Form, auf.
→ Diagnose:
→ I: Anamnese mit Eruierung der charakteristischen Symptome wie Dysurie, Pollakisurie, suprapubische Schmerzen und möglichen gleichzeitigen Beschwerden des Sexualpartners (sexuell übertragbare Erkrankungen), etc. Bei der klinischen Untersuchung lässt sich ein suprasymphysärer Druckschmerz auslösen.
→ II: Labor: Labordiagnostisch erfolgt eine mikroskopische und kulturelle Urinuntersuchung:
→ 1) Mikroskopisch ist eine Leukozyturie, Mikrohämaturie und Bakteriurie nachweisbar.
→ 2) Bei einer E. coli Infektion zeigt sich eine positive Nitritreaktion.
→ 3) Bei komplizierter Zystitis ist eine Bakterienkultur (> 105 cfu/ml sind signifikant = colony-forming-units) mit Testung der Antibiotika-Empfindlichkeit indiziert.
→ III: Zytoskopie: Zytoskopisch zeigt sich eine ödematöse Schwellung und fleckförmige Rötung der vulnerablen Schleimhaut.
→ Differenzialdiagnose: Von der akuten Zystitis müssen insbesondere nachfolgende Erkrankungen abgegrenzt werden:
→ I: (Akute-/chronische-) Pyelonephritis,
→ II: Akute Urethritis (hierbei sind die Erreger meist Clamydien trachomatis, Neisseria gonorrhoeae und Herpes simplex).
→ III: Akute Vaginitis (Erreger zumeist Gandida albicans oder Trichomonaden).
→ Therapie: 50-70% der akuten unkomplzierten Zystitiden heilen unbehandelt spontan aus.
→ I: Allgemeinmaßnahmen: Sind u.a. ausreichende Trinkmenge einhalten, um einen Spüleffekt mittels z.B. Blasentee zu erreichen, evtl. Bettruhe bei erheblichen Beschwerden und/oder Wärmeapplikation.
→ II: Medikamentöse Therapie:
→ 1) Akute unkomplizierte Zystitis: Therapieziel ist zum einen die Symptomreduktion sowie die Verhinderung von Komplikationen (z.B. Pyelonephritis). Therapie der Wahl bei Frauen ist die Kurzzeit-Chemotherapie über 3 Tage, als Eintagstherapie und Einmaltherapie. Bei der Einmaltherapie werden Cotrimoxazol (einmalig 4 Tabletten von 480mg) oder Amoxicillin (3 Tabletten von 1g) einmalig verabreicht. Bei der Eintagstherapie werden die oben genannten Medikamente über den Tag und bei der Dreitagesbehandlung wiederum auf drei aufeinanderfolgenden Tagen verteilt. Besteht eine nachgewiesene Resistenz oder Unverträglichkeit gegen Cotrimoxazol bieten Gyrasehemmer eine gute Alternative. Obligat ist eine Kontrolluntersuchung mit Urinkultur 1 Woche nach Beendigung der Therapie.
→ 2) Akute komplizierte Zystitis: Bei dieser Form muss die Behandlung immer resistenzgerecht nach Antibiogramm erfolgen. Initial bieten die Gyrasehemmer ein breites antibakterielles Spektrum. Auch bei der komplizierten Zystitis sollte nach 24-48 Stunden eine Besserung der klinischen Symptomatik eintreten. Die Behandlungsdauer muss bei dieser Form mindestens über einen Zeitraum von 7-14 Tagen fortgeführt werden.
→ III: Supportive Therapie:
→ 1) Bei häufigeren Rezidiven kann nach Beseitigung bzw. Ausschluss der Risikofaktoren mehrmals pro Jahr eine Kurzzeit-Chemotherapie durchgeführt werden.
→ 2) Manifestiert sich die Zystitis regelmäßig im Anschluss an Geschlechtsverkehr so kann eine postkoitale antibiotische Prophylaxe erfolgen.
→ 3) Die Ansäuerung des Harns z.B. mit L-Methionin (3x 500-1000mg/d) verhindert das Wachstum von Enterobakterien.
→ 4) Bei Frauen in der Menopause kann durch eine vaginale Applikation von Östrogenen (z.B. Östriol 0,5g Creme) die Vaginalflora mit Zunahme der Laktobazillen und Abnahme des pH-Wertes verbessert werden.
→ IV: Langzeitprophylaxe: Insbesondere bei Frauen mit rezidivierenden komplizierten Harnwegsinfekten, aber auch bei Nierentransplantierten und nach Herzklappenersatz wird eine antibiotische Langzeitprophylaxe obligat. Hierfür eignet sich z.B. Cotrimoxazol (480mg/d) oder Nitrofurantoin (1000mg/d).
- Details
- Kategorie: Harnwegsinfektionen
- Zugriffe: 11101
→ Definition: Bei der akuten Pyelonephritis handelt es sich um eine bakterielle, meist aufsteigende Infektion des Nierenbeckens mit Beteiligung des Tubulointerstitiums (bzw. Nierenparenchyms). Sie wird nur sehr selten durch eine hämatogenen Streuung (deszendierend) verursacht.
→ Epidemiologie: Die akute Pyelonephritis stellt die häufigste Infektion des oberen Harntraktes dar (= Harnwegsinfektion) und manifestiert sich überwiegend bei jungen, sexuell-aktiven Frauen; es können aber auch Kinder und ältere Menschen betroffen sein.
→ Klassifikation: Die akute Pyelonephritis kann nochmals unterteilt werden in eine:
→ I: Akute primäre (unkomplizierte) Pyelonephritis, die ambulant erworben ist, keine prädisponierende Faktoren aufweist und zumeist nur geringe klinische Symptome (z.B. kein Erbrechen) besitzt.
→ II: Akute sekundäre (komplizierte) Pyelonephritis ist gekennzeichnet durch eine nosokomiale Infektion, schwere systemische Entzündungszeichen sowie Risikofaktoren wie Diabetes mellitus, Obstruktionen der Harnwege oder eine Schwangerschaft.
→ Ätiologie:
→ I: Meist handelt es sich hierbei um eine Monoinfektion mit E. coli-Bakterien (75-90%), gefolgt von Proteus. Sie haben eine besondere Bedeutung, da sie Urease (Enzym) erzeugen, welches Harnstoff spaltet und zu einem hochalkalischem Urin führt. Folge ist unter Ausfällung von Phosphat die Bildung von Magnesiumamonium-(Struvit-)- und Calciumphosphat-(Apatit)-Steinen.
→ II: Gerade bei Kindern und älteren Patienten können es auch weitere gram-negative Bakterien wie Klebsiellen (15%), Enterokokken (10%), etc. sein.
→ III: Weitere Risikofaktoren sind vor allem:
→ 1) Sexuelle Aktivität (Honeymoon-Zystitis),
→ 2) Infektionen der unteren Harnwege,
→ 3) Gravidität,
→ 4) Stoffwechselstörungen wie Diabetes mellitus (D.m. Typ 1/Diabetes mellitus Typ 2) und Gicht, etc.
→ 5) Iatrogen: Diagnostische Eingriffe, Harnblasenkatheter (meist Mischinfektionen).
→ 6) Analgetikaabusus (Analgetikanephropathie).
→ Pathogenese: Die Infektion bei der Pyelonephritis beginnt zumeist im Bereich der Papillen und breitet sich keilförmig in den befallenen Segmenten Richtung Nierenrinde aus. Es kommt in diesem Zusammenhang zur Granulozyteninfiltration mit Mikroabszessbildung. Intra- und perirenale Abszessbildungen sind möglich, jedoch nur sehr selten. Im Endstadium kann sich eine keilförmige Narbe mit Einziehung der Parenchymoberfläche ausbilden.
→ Klinik:
→ I: Die klassische Symptomtrias der akuten Pyelonephritis weist einen charakteristischen abrupten Krankheitsbeginn auf:
→ 1) Schweres Krankheitsgefühl mit Müdigkeit und Abgeschlagenheit.
→ 2) Fieber mit Temperaturen > 38C° und Schüttelfrost.
→ 3) Dysurische Beschwerden mit Harndrang und Pollakisurie (häufig aber nicht obligat),
→ 4) Flankenschmerzen (Klopf- oder Spontanschmerz im Bereich des Nierenlagers) oder aber auch suprapubische Schmerzen.
→ II: Weitere Symptome: Sind Übelkeit, Brechreiz, Erbrechen, Leibesschmerzen, Subileus (insbesondere bei der komplizierten Form).
→ Komplikationen:
→ I: Eitrige Nephritis und sich evtl. daraus entwickelnde paranephritische Abszesse.
→ II: Urosepsis gerade iatrogen verursacht; hierbei handelt es sich um eine lebensbedrohliche Komplikation.
→ Diagnose:
→ I: Anamnese (sexuelle Aktivität), klinische Untersuchung mit Flankenschmerzen und Klopfschmerzhaftigkeit im Nierenlager als Spannungsschmerz der Nierenkapsel, etc.
→ II: Labor:
→ 1) Urin: Uricult, Urinsediment mit Nachweis einer Leukozyturie, Leukozytenzylindern und einer Erythrozyturie. Bestimmung der Nitrite im Urin, da vor allem gram-negative Bakterien (z.B. E.-Coli) Nitrat zu Nitrit konvertieren (Spezifität 90%; Sensitivität 30%).
→ 2) Blut: BSG- und CRP Erhöhung, evtl. Leukozytose und Blutkulturen.
→ III: Bildgebende Verfahren:
→ 1) Sonographie: Bestimmung von Länge, Größe und Form der Niere. Typisch ist der Nachweis eines echoreichen, geschwollenen Nierenparenchyms (vergrößerte Niere). Evtl. bei Nierenabszessen runde, gut abgrenzbare, zystische Gebilde mit echoreicher Binnenstruktur.
→ 2) Kontrastmittel-CT: Bei unklarer Sonographie; mit Nachweis von z.B. paranephritischen Abszessen oder Nierenkarbunkeln (konfluierende Nierenabszesse).
→ Differenzialdiagnose: Differenzialdiagnostisch müssen insbesondere nephrologische bzw. urologische sowie gastrointestinale Erkrankungen abgegrenzt werden. Hierzu zählen u.a.:
→ I: Weitere nephrologische bzw. urologische Erkrankungen, die eine ähnliche Symptomatik aufweisen wie z.B. die Exazerbation einer chronischen Pyelopnephritis, Pyonephrose, Nephrolithiasis, etc.
→ II: Appendizitis,
→ III: Divertikulitis und
→ IV: Cholezystitis.
→ Therapie: Die akute komplizierte Pyelonephritis erfordert fast immer einer stationären Aufnahme. Bei der akuten unkomplizierten Form existieren nachfolgende Kriterien, die für eine Indikation zur stationären Behandlung sprechen:
→ I: Allgemeinmaßnahmen: Hier stehen Maßnahmen wie Bettruhe, Flüssigkeitszufuhr und regelmäßiges Entleeren der Blase (Ausfuhr > 1500ml/d), Spasmolytika bei Bedarf und nicht zuletzt Weglassen nephrotoxischer Analgetika im Vordergrund.
→ II: Medikamentös: Die Pharmakotherapie wird sofort nach Abnahme der Urinkultur eingeleitet und über mindestens 7-14 Tage fortgeführt. Wichtige hierbei ist auch, komplizierende Faktoren wie obstruktive Uropathie oder infizierte Steine frühzeitig zu erkennen und entsprechend zu behandeln.
→ 1) Unkomplizierte Pyelonephritis: Mittel der ersten Wahl sind Cephalosporine der 2. und 3. Generation oder Flourchinolone (2 und 3)
→ A) Ciprofloxacin: 2 x 500mg/d über 7-10 (-14) Tage.
→ B) Levofloxacin: 1 x 500mg/d über 7-10 (-14) Tage.
→ C) Nebenwirkungen: Gastrointestinale Beschwerden, Störungen des Nervensystems, Verlängerung der QT-Zeit mit Rhythmusstörungen, Depression, Verwirrtheit, Halluzinationen; nicht zuletzt können sie den Cumarin-Spiegel erhöhen.
→ D) Kontraindikation: Schwangerschaft, Stillzeit, Kinder und Jugendliche in der Wachstumsphase.
→ 2) Schwerer Pyelonephritis: Bei diesem Verlaufstyp erfolgt die antibiotische Therapie parenteral, die nach Entfieberung auf oral umgestellt wird. Kombinationstherapien sind z.B.:
→ A) Die Kombination von entweder Aminopenicillin (Ampicillin 3-4x 0,5-2g) oder Acylaminopenicillin (z.B. Piperacillin 3x 2-4g intravenös) oder Cephalosporin der 3. Generation (z.B. Ceftriaxon 1x 1-2g) mit einem Aminoglykosid.
→ B) Cotrimoxazol sowie
→ C) Gyrasehemmer.
→ 3) Bei Schwangeren: Cephalosporine der 2-3 Generation.
→ III: Nachbehandlung: Mit Abklingen der klinischen Symptome ist die Pyelonephritis nicht immer ausgeheilt. Bei 1/3 der Patienten sind die Keime weiterhin nachweisbar. Deswegen sind wiederholte Urinkulturen (5. Tag, 6. Woche, etc.) auch nach der Behandlung über einen Zeitraum von mindestens 6 Monaten obligat.
→ Klinisch-relevant: Nach Antibiotikatherapie sollte innerhalb des 1. Tages das Fieber sinken und sich der Urinbefund nach 3 Tagen normalisieren. Ist keine Besserung ersichtlich, ist immer auch an Komplikationen zu denken (Nierenabszess: CT).
- Details
- Kategorie: Harnwegsinfektionen
- Zugriffe: 13362
→ Definition: Bei der chronischen Pyelonephritis handelt es sich um eine chronisch-interstitielle Nephritis, hervorgerufen zumeist durch rezidivierende, bakterielle Infektionen der oberen Harnwege (= Harnwegsinfektion) bei Veränderungen des Harntraktes oder infolge eines vesikourethralen Refluxes. Charakteristisch sind keilförmige Narbenbildungen mit Einziehung der Nierenoberfläche.
→ Ätiologie: Die chronische Pyelonephritis entsteht nur bei prädisponierenden Veränderungen mit Behinderung des Harnabflusses.
→ I: Anomalien der Nieren und/oder der ableitenden Harnwege.
→ II: Obstruktionen im Bereich der abführenden Harnwege wie Urethrastrikturen, Steine, Tumoren, Prostatahyperplasie, etc.
→ III: Vesiko-urethraler Reflux: Hierbei kommt es zum Rückfluss des Urins in die Ureteren und Niere. Normalerweise verlaufen die distalen Ureteren submukös und die Mündungen verschließen durch den physiologischen Blaseninnendruck. Beim VUR besteht eine Insuffizienz des Ureterverschusses im Bereich der vesikalen Mündungsstelle.
→ Klassifikation:
→ I: Primärer kongentialer VUR: Aufgrund einer Fehlanlage der Uretermündung (verkürzter submuköser Verlauf).
→ II: Sekundärer VUR: Neurogene Innervationsstörung der Blase, Obstruktionen, urologische Eingriffe.
→ Pathogenese:
→ I: Häufigste Ursache einer chronische Pyelonephritis ist der vesiko-urethrale Reflux. Charakteristischerweise staut sich der Urin aus der Blase über die Ureteren in das Nierenbecken- bzw. Nierenkelchsystem und schließlich in das Nierenparenchym.
→ II: Infiziert sich in diesem Zusammenhang der gestaute Urin entwickelt sich einer Entzündungsreaktion, die zu Vernarbungen des Nierenparenchyms mit konsekutiver Gefahr der Ausbildung einer pyelonephritischen Schrumpfniere bzw. einer terminalen Niereninsuffizienz führt.
→ Klinik: Die chronische Pyelonephritis ist in der Regel symptomlos bzw. -arm. Charakteristisch im Krankheitsverlauf sind rezidivierende fieberhafte Harnwegsinfekte (wie z.B. Zystitis, etc. in der Anamnese).
→ I: Die Symptome sind unspezifisch mit Müdigkeit, Kopfschmerzen, Inappetenz, Durst und Polyurie; im akuten Schub finden sich Symptome der akuten Pyelonephritis.
→ II: Weiter Symptome sind unklare, dumpfe Rückenschmerzen oder Flankenschmerzen sowie mögliche gastrointestinale Beschwerden (Übelkeit, Erbrechen, Gewichtsverlust, etc.) und renale Anämie oder arterielle Hypertonie.
→ Komplikationen:
→ I: Im akuten Schub: Eitrige Nephritis, paranephritische Abszesse, abszedierende Pyelonephritis, Pyonephrose, Urosepsis (siehe akute Pyelonephritis).
→ II: Durch die Obstruktion der Harnwege kann sich eine Hydronephrose oder eine pyelonephritische Schrumpfniere entwickeln.
→ III: Ausbildung einer terminalen Niereninsuffizienz (Anstieg von Harnstoff, Kreatinin und Abnahme der Kreatinin-Clearance) bis hin zum Nierenversagen.
→ IV: Entwicklung einer renalen Hypertonie, aber auch Anämie.
→ V: Tubuläre Partialfunktionsstörungen wie Verlust der Harnkonzentrationsfähigkeit mit Polyurie und Polydipsie, Verlust von Natrium und Kalium (Hyponatriämie, Hypokaliämie).
→ Diagnose:
→ I: Der vesiko-uretrale-Reflux wird heutzutage meist in der Kindheit diagnostiziert und behandelt (medikamentös: Langzeittherapie mit Trimethoprim + Sulfamethoxazol, alternativ chirurgische Therapie).
→ II: Labor:
→ 1) Urin: Proteinruie (bis 4g/d) sowie Urinkultur, Bakteriurie Urinsediment mit Leukozyturie, Leukozytenzylinder, Erythrozyturie.
→ 2) Blut: BSG und CRP-Erhöhung, im fortgeschrittenen Stadium renale Anämie und Zunahme der Retentionswerte (Kreatinin i.S., Harnstoff, Abnahme der Kreatinin-Clearance).
→ III: Bildgebung: Die Diagnose der chronischen Pyelonephritis wird mittels i.v. Pyelogramm gestellt. Dies zeigt insbesondere die Kelchdeformierungen unterschiedlichen Schweregrads. Typischerweise verplumpen die Kelche, die Kelchhälse nähern sich einander und es kommt schließlich zum Parenchymverlust. Weitere bildgebende Untersuchungen sind u.a.:
→ 1) Sonographie: Bestimmung der Größe und Form der Niere, evtl. Nachweis einer Hydronephrose im Zuge einer Harnstauung, evtl. Nachweis von Nierensteinen.
→ 2) Röntgen: Nachweis eines verplumpten Nierenbeckenkelch-Systems sowie narbiger Einziehungen, bei Schrumpfniere (= pyelonephritische Schrumpfniere) zusätzlicher Verlust des Nierenparenchyms.
→ 3) Bei Verdacht auf einen vesiko-urethralen Reflux ist die Miktionszystourethrographie und zur Beurteilung der Ostien eine Zystoskopie indiziert.
→ Differenzialdiagnose: Von der chronischen Pyelonephritis müssen insbesondere nachfolgende Erkrankungen abgegrenzt werden; hierzu zählen:
→ I: Weitere nephrologische bzw. urologische Erkrankungen mit einer ähnlichen klinischen Symptomatik wie z.B. xanthogranulomatöse Pyelonephritis, Nephrolithiasis, Pyonephrose, etc.
→ II: Gastrointestinale Erkrankungen wie Appendizitis, Cholezystitis, Divertikulitis.
→ III: Lumbago, etc.
→ Therapie:
→ I: Im akuten Schub: Antibiotische Behandlung nach Antibiogramm, evtl. antibiotische Langzeittherapie zur Rezidivprophylaxe.
→ II: Bei prädisponierenden Faktoren können diese operativ behoben werden.
→ III: Behandlung der Komplikationen wie renale Anämie, renale Hypertonie und die terminale Niereninsuffizienz mit:
→ 1) Allgemeinmaßnahmen: Wie ausreichend Flüssigkeitszufuhr, Vermeiden nephrotoxischer Substanzen, Kontrastmittel und Medikamente insbesondere NSAR, Nikotinkarenz, etc.
→ 2) Blutdruckeinstellung im unteren Normbereich mittels ACE-Hemmer oder AT1-Blocker.
→ 3) Medikamentöse Korrektur einer Hyperlipidämie sowie Optimierung der Butzuckereinstellung bei Diabetikern.
→ Prognose:
→ I: Bei rechtzeitiger Diagnosestellung kann bei adäquater Therapie die chronische Pyelonephritis ausheilen bzw. nur lokalisierte Veränderungen bestehen.
→ II: Ansonsten entwickelt sich im weiteren Verlauf durch den Verlust des Nierenparenchyms eine Schrumpfniere mit evtl. renale Hypertonie, Proteinurie bis hin zur terminalen Niereninsuffizienz (mit der Gefahr der Urämie).