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- Kategorie: Orale Antikoagulantien
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→ Definition:
→ I: Bei den oralen direkten Antikoagulanzien handelt es sich um eine neuere Wirkstoffgruppe, die den Gerinnungsfaktor Xa direkt und hochselektiv hemmt (ohne Beteiligung von Antithrombin). Hierzu zählen nachfolgende Präparate:
→ 1) Rivaroxaban,
→ 2) Dabigatran und
→ 3) Apixaban.
→ II: Mit einem Molekulargewicht von 436Da gehört Rivaroxaban strukturell zu den Oxazolidinon-Derivaten.
→ Wirkungsmechanismus: Sie entfalten ihre Wirkung gegen bestimmte Gerinnungsfaktoren, wobei Rivaroxaban und Apixaban hoch selektiv Faktor Xa hemmen; Dabigatran ist ein selektiver reversibler Thrombininhibitor, der zusätzlich auch die Thrombozytenaggregation blockiert. Vorteile der direkten Faktor-Xa-Inhibitoren sind zum einen die orale Applikation zum anderen die deutlicheren routinemäßige Kontrolluntersuchungen.
→ Klinisch relevant: Der Prothrombinase-Komplex besteht aus Faktor V, X, Phospholipiden und Calcium-Ionen und stellt die gemeinsame Endstrecke des extrinsischen und intrinsischen Systems dar. Er leitet die Aktivierung des Faktor II (Prothrombin zu Thrombin) ein.
→ Indikation:
→ I: Thromboembolie-Prophylaxe nach Hüft- (Therapiedauer bis zu 5 Wochen) oder Knie-TEP (Therapiedauer ca. 2 Wochen),
→ II: Thromboembolie-Prophylaxe bei Vorhofflimmern,
→ III: Akuttherapie der tiefen Beinvenenthrombose, sowie die anschließende Rezidivprophylaxe.
→ IV: Akuttherapie der Lungenembolie und deren Rezidivprophylaxe.
→ Pharmakokinetik:
→ I: Nach oraler Applikation wird es nahezu komplett resorbiert, sodass die Bioverfügbarkeit bei 80-100% liegt.
→ II: Im Blut weist das Pharmakon mit 92-95% eine hohe Plasmaproteinbindung auf.
→ III: Es wird zu 2/3 über das hepatische Cytochrom-P-450-System (u.a. CYP 3A4 durch Oxidation des Morpholinonteils bzw. durch Hydrolyse der Aminbindung) metabolisiert, 1/3 wird unverändert renal eliminiert.
→ Klinisch-relevant: Die effektive Halbwertszeit (= HWZ) ist hierbei altersabhängig und beträgt:
→ A) Bei jüngeren Patienten 5-9 Stunden,
→ B) Bei älteren Patienten 11-13 Stunden.
→ Dosierung:
→ I: Rivaroxaban wird 1x tgl. unabhängig von den Mahlzeiten und der Tageszeit in einer Dosierung von 10mg peroral eingenommen.
→ II: Der Therapiebeginn sollte 6-10 Stunden nach OP-Ende erfolgen.
→ Klinisch-relevant: Die neueren oralen Antikoagulanzien Rivaroxaban, Apixaban und Dabigatran bedürfen aufgrund ihrer hoch selektiven Hemmung der Gerinnungsfaktoren (II bzw. Xa) und ihrer deutlich geringeren Interaktion mit anderen Pharmaka im Vergleich zu Phenoprocoumon keiner engmaschigen Gerinnungskontrolle.
→ Nebenwirkungen:
→ I: Blutungskomplikationen mit z.T. postoperativer Anämie,
→ II: Erhöhung der yGT sowie der hepatischen Transaminasen,
→ III: Substanzspezifische Nebenwirkungen:
→ 1) Bei Apixaban kann sich eine Hypotonie sowie eine Thrombozytopenie entwickeln.
→ 2) Bei Dagibatran können eine Thrombozytopenie sowie Juckreiz auftreten.
→ III: Weitere Symptome: Sind Tachykardie, Kopfschmerzen, Schwindel, Übelkeit, gastrointestinale Schmerzen, Dyspepsie, selten auch Thrombozytose.
→ Kontraindikationen: Sind u.a.:
→ I: Schwere Leber- und Niereninsuffizienz (relative Kontraindikation bei einer glomerulären Filtrationsrate < 15ml/min).
→ II: Aktive Blutungen, aber auch gastrointestinale Ulzera (Ulcus ventriculi/Ulcus duodeni).
→ III: Bakterielle Endokarditis,
→ IV: Überempfindlichkeitsreaktionen gegenüber dem Wirkstoff.
→ V: Schwangerschaft und Stillzeit.
→ Wechselwirkungen:
→ I: Wirkungsabschwächung: Infolge der CYP 3A4/P-Glykoprotein-Induktion manifestiert sich eine verminderte Rivaroxaban-Wirkung durch Phenytoin, Phenobarbital, Carbamazepin, Johanniskraut oder Rifampicin.
→ II: Wirkungsverstärkung: Durch Inhibition des CYP3A4/ P-Glykoprotein infolge der Einnahme von Antimykotika (z.B. Ketokonazol, Itrakonazol) oder Ritonavir wird die Wirkung und hierdurch auch die Blutungsneigung deutlich verstärkt.
→ III: Wirkungsverstärkung: Erhöhte Dabigatran-Spiegel zeigen sich insbesondere bei gleichzeitiger Applikation von P-Glykoprotein-Inhibitoren wie z.B. Verapamil, Amiodaron etc.
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→ Definition: Bei den Cumarinen (= 4-Hydroxycumarinderivate) handelt es sich um orale, indirekt wirkende Antikoagulanzien, die die Blutgerinnung durch einen Vitamin-K-Antagonismus blockieren. Hierzu gehören insbesondere Phenoprocoumon (Marcumar) und Warfarin.
→ Wirkungsmechanismus: (Abb.: Wichtige Gerinnungsparameter und ihre Normwerte):
→ I: Cumarine hemmen in der Leber die y-Carboxylierung der (Vitamin-K-abhängigen) Gerinnungsfaktoren II, VII, IX, X (am N-terminalen Glutamatrest) sowie der Proteine C und S durch kompetitive Blockade der Vitamin-K-Epoxid-Reduktase bzw. der Vitamin-K-Chinon-Reduktase.
→ II: Folge ist die Synthese von funktionsuntüchtigen Gerinnungsfaktoren.
→ Wirkung:
→ I: Die gerinnungshemmende Wirkung tritt erst mit einer Latenz von 1-3 Tagen auf, da die im Blut befindlichen Gerinnungsfaktoren im Zuge der Alterung (Faktor VII ein Tag, Faktor II 3 Tage) erst metabolisiert werden müssen.
→ II: Zudem haben die Cumarin-Derivate hemmenden Einfluss auf die antikoagulatorischen Proteine C und S. Sie haben in der Regel eine kürzere HWZ als die Gerinnungsfaktoren, sodass diese Wirkung in den ersten Tagen überwiegt und hierdurch eine erhöhte Thromboseneigung besteht. Dieses Risiko wird durch die überlappende Applikation von Heparin deutlich reduziert.
→ III: Nach Absetzen des Phenprocoumon normalisiert sich die Gerinnung erst nach 7-10 Tagen, abhängig vom INR-Wert; bei Warfarin nach 3,5- 4,5 Tagen.
→ Indikation:
→ I: Therapie der Phlebothrombose und Prophylaxe venöser Embolien (z.B. Lungenembolie) z.B. bei Thrombophilien wie z.B. Faktor-V-Leiden-Mutation, Antiphospholipid-Syndrom, etc. bzw. arterieller Embolien.
→ II: Vorhofflimmern (Prävention von systemischen Embolien) und nach Myokardinfarkt.
→ III: Mechanische Herzklappen (Prävention systemischer Embolien).
→ Dosierung: Zur Prophylaxe bzw. Therapie von Thrombosen bzw. Embolien erfolgt eine Aufsättigung von Phenprocoumon:
→ I: 1. Tag: 6-9mg/d (2-3Tbl.),
→ II: 2. Tag: 6mg/d (2Tbl.),
→ III: Ab 3.Tag: Die Dosierung erfolgt nach der Prothrombinzeit (Ziel-INR 2,0-3,0 bzw. 2,5-3,5 je nach Indikation) meist mit einer Erhaltungsdosis zwischen 1,5-4,5mg (½ bis 1 ½ Tbl).
→ Pharmakokinetik: Nach oraler Applikation werden die Cumarine gut resorbiert; die Bioverfügbarkeit bei Phenprocoumon liegt bei 100% bei Warfarin um 93%. Im Blut werden sie an Plasmaprotein gebunden (PPC > 99%; Warfarin 99%); dies ist auch Ursache für die langsame Metabolisierung des Cumarins. Die Eliminations-HWZ von PPC beträgt 150 Stunden; die von Warafarin 37-50 Stunden. Beide Substanzen werden u.a. durch Glukuronidierung und Sulfatierung hepatisch über das Cytochrom-450-System (CYP2C9, CYP3A4, CYP1A2 etc.) metabolisiert und renal eliminiert.
→ Nebenwirkungen:
→ I: Das Blutungsrisiko steigt mit zunehmendem INR. Vor allem Blutungen in Hohlorgane (GIT, ableitende Harnwege) sowie intrazerebrale Blutungen werden gefürchtet.
→ II: Reversible Alopezie,
→ III: Verlangsamte Kallusbildung nach Knochenfrakturen und Osteopenie bei Langzeittherapie.
→ IV: Allergische Hautexantheme und immunologische Reaktionen.
→ V: Gastrointestinale Beschwerden mit Übelkeit, Erbrechen, Diarrhoe.
→ VI: Hämorrhagische Hautnekrosen: (= Cumarin-Nekrosen):
→ 1) Hierbei handelt es sich um Nekrosen im Bereich der Haut und des Fettgewebes infolge der Einnahme von oralen Antikoagulanzien.
→ 2) Ätiologie: Cumarine rufen durch eine verfrühte Synthese-Hemmung von Protein-C und S (kürzere HWZ) eine Hyperkoagulabilität hervor. Folge ist die Ausbildung von kapillären Mikrothromben, in deren weiteren Verlauf es durch eine Synthese-Hemmung der Gerinnungsfaktoren zur Einblutung in das infarzierte Gewebe kommt (= hämorrhagische Infarzierung = Nekrose).
→ 3) Risikofaktoren: Sind u.a. adipöse Frauen nach der Menopause sowie hereditärer Protein-C-(antikoagulatorisch) und S-Mangel.
→ 4) Klinik: Die Cumarin-Nekrosen manifestieren sich zu Therapiebeginn zwischen dem 3.-10. Tag. Charakteristisch sind schmerzhafte hämorrhagische Hautnekrosen, die bevorzugt im Bereich der Hüfte, Oberschenkel und des Gesäße auftreten.
→ 5) Therapie: Sofortiges absetzten, Gabe von Vitamin-K (Konakion), Heparin und Kortikosteroiden.
→ 6) Prophylaxe: Es wird eine mäßige Aufsättigung von Cumarinen sowie eine überlappende Initialtherapie mit Heparin empfohlen.
→ VII: Purple-toes-Syndrom: Hierbei können sich in seltenen Fällen aufgrund einer Cumarin-Therapie durch Freisetzung von atheromatösen Plaque-Material systemische Cholesterin-Mikroembolie entwickeln. Klinische Folgen sind u.a. brennende Schmerzen mit Verfärbung der Großzehen (= purple-toes).
→ Kontraindikationen: Wichtige und z.T. schwerwiegende Komplikationen bei der Therapie mit Cumarinen sind u.a.:
→ I: Erhöhte Blutungsbereitschaft:
→ 1) Schwere Leber- und Niereninsuffizienz
→ 2) Hämorrhagische Diathese,
→ 3) Schwere Thrombozytopenie.
→ II: Gefäßläsionen: Hierzu zählen dissezierendes Aortenaneurysma, schwerste arterielle Hypertonie (hypertensive Krise), floride Endokarditis, floride Colitis ulcerosa, Ulcus ventriculi/Ulcus duodeni, diabetische Retinopathie mit Fundusblutungen, Traumata oder Operationen im ZNS-Bereich, zerebrovaskuläre Prozesse (frischer Schlaganfall, Hirnarterienaneurysma), große Traumata, operative Eingriffe, nach vorangegangener intramuskulären Injektion, etc.
→ III: Weitere Kontraindikationen: Sind Nephrolithiasis, Epilepsie, Alkoholabhängigkeit, kavernöse Lungen-TBC, drohender Arbort, Entbindung, Schwangerschaft (insbesondere 1. Trimenon), fehlende Compliance des Patienten.
→ Klinisch-relevant:
→ A) Cumarine sind während der gesamten Schwangerschaft aufgrund der teratogenen Wirkung kontraindiziert.
→ B) Im 1. Trimenon kann sich ein fetales Warfarin-Syndrom mit ZNS-Anomalien, Skelettdeformität aufgrund einer Kalzifikation der Epiphysenfugen, Hypoplasie der Nase etc. ausbilden.
→ C) Zudem sind die Cumarine muttermilchgängig, sodass sie nicht in der Stillzeit appliziert werden.
→ Wechselwirkungen:
→ I: Die Wirkung der Cumarine wird durch eine Vielzahl von Medikamenten verändert, so u.a. auch durch die Beeinflussung der hepatischen Metabolisierung durch das Cytochrom P-450-System (vor allem CYP2C9 und CYP 3A4).
→ II: Weitere Mechanismen: Sind insbesonsdere:
→ 1) Verminderte Resorption aus dem Darm (z.B. Antazida),
→ 2) Verdrängung aus der Eiweißbindung (z.B. Sulfonylharnstoffe, Sulfonamide),
→ 3) Verlangsamte (z.B. Allopurinol, Paracetamol) oder beschleunigte Inaktivierung (z.B. Rifampicin, Carbamazepin) etc.
→ 4) Eine Kombinationstherapie mit Thrombozytenaggregations- (z.B. ADP-Rezeptor-Antagonisten, etc.) COX-Hemmstoffen, weiteren Antikoagulanzien wie z.B. Heparine, Heparinoide fördert die Blutungsgefahr.
→ Klinisch-relevant:
→ A) Bei planbaren operativen Eingriffen wird die Cumarin-Therapie vorübergehend bis zum 1. postoperativen Tag auf eine andere Medikation (z.B. überbrückende Gabe von Heparin) umgestellt. Dies wird als Briding bezeichnet.
→ B) Bei Blutungskomplikationen werden die Cumarine sofort abgesetzt; jedoch setzt die Synthese der Gerinnungsfaktoren mit einer Latenz von 2-3 Tagen erst wieder ein. Insofern müssen evtl. zusätzliche Maßnahmen erfolgen (siehe auch Vitamin K). Bei lebensbedrohlichen Blutungen ist die Applikation von Prothrombinkonzentrat (= PPSB) obligat.
→ C) Während der Cumarin-Therapie sind intramuskuläre. Injektionen kontraindiziert, bei i.v. Entnahme sollte auf eine geringe Traumatisierung des Gewebes und eine anschließende adäquate Kompression geachtet werden.
→ D) Nahrungsmittel:
→ 1) Vitamin K-haltige Nahrungsmittel wie Kohl, Broccoli, Spinat können in Maßen gegessen werden; jedoch vermindern größere Mengen die Cumarin-Wirkung.
→ 2) Auch chronische Alkohol-Substitution (Alkoholabhängigkeit) reduziert durch Induktion der hepatischen Metabolisierung die gerinnungshemmende Wirkung.