→ Diagnostik: Wichtige Aspekte der diagnostischen Befundung der Depression:
→ I: Umfangreiche Eigenanamnese/Fremdanamnese sowie Familienanamnese.
→ II: Allgemein-körperliche Untersuchung sowie neurologische Untersuchung.
→ III: Laborchemische Untersuchung:
→ 1) Bestimmung des Blutbildes und des Differentialblutbildes.
→ 2) Endokrin: Schilddrüsenhormone, TSH basal, T3/4, Hypothalamus-Hypophysen-NNR-Achse mit Bestimmung von ACTH und Cortisol.
→ 3) Metabolisch: Bestimmung der Leber- und Nierenwerte, des Elektrolythaushaltes und des Blutzuckerspiegels.
→ 4) Infektionen: Bestimmung des Entzündungsparameter wie CRP, Leukozytose. Bei Verdacht auf weitere Infektionskrankheiten Bestimmung der Lues-Serologie, HIV-Test, Drogenscreening, etc.
→ 5) Strukturveränderungen: cCT, cMRT zum Ausschluss z.B. raumfordernder Prozesse aber auch Atrophie-Zeichen.
→ 6) EEG: Zum Ausschluss einer Epilepsie.
→ 7) Röntgen Thorax/EKG: Zum Ausschluss kardialer und pulmonaler Erkrankungen.
→ 8) Liquoruntersuchungen
→ 9) Spezifische testpsychologische Untersuchungen wie Beck-Depressions-Inventar.
→ Differenzialdiagnose: Von der Depression müssen insbesondere nachfolgende Erkrankungen abgegrenzt werden; hierzu zählen:
→ I: Organische Differenzialdiagnosen: Hierbei ist der Ausschluss organischer Ursachen, die zu einer Depression (körperlich begründbar) führen können, wichtig. Sie werden auch somatogene Depressionen genannt; die somatogene Depression wird wiederum unterteilt in:
→ 1) Symptomatische Depression: Als Begleiterkrankung oder Folge einer körperlichen Erkrankung. Eine Sonderform bildet hierbei die pharmakogene Depression.
→ 2) Organische Depression: Diese entsteht aufgrund struktureller Veränderungen des Gehirns wie Hirntumoren, Hirnatrophie oder Hirninfarkte.
→ 3) Beispiele: Für eine somatogene Depression:
→ A) Neurologisch: Hirntumoren, Hirnatrophie, Hirninfarkt, Morbus Parkinson, MS, Chorea Huntington, Enzephalitis, etc.
→ B) Endokrinologisch: Hypothyreose, Hyperthyreose, Hypo-, Hyperparathyreoidismus, Morbus Cushing, Morbus Addison, Akromegalie, Hämochromatose, HVL-Insuffizienz.
→ C) Kardial: ASD, VSD, essentieller arterieller Hypertonus, KHK, Z.n. Myokardinfarkt oder Bypass-OP.
→ D) Gastroenterologisch: Entzündliche Darmerkrankungen wie Morbus Crohn und Colitis ulcerosa, aber auch die Leberzirrhose.
→ E) Stoffwechsel: Porphyrie (z.B. akute intermittierende Porphyrie, etc.) Diabetes mellitus (D.m. Typ I/ D.m. Typ 2).
→ F) Rheumatisch: Lupus erythematodes, rheumatoide Arthritis aber auch Dialyse-Patienten etc.
→ 4) Beispiele: Für eine pharmakogene Depression:
→ A) Antihypertensiva: Reserpin, Alpha-2-Rezeptoragonisten wie Clonidin und Alpha-Methyldopa, Beta-Blocker,
→ B) Kardiale Medikamente: Digitalis (Digitalisintoxikation), Lidocain
→ C) Antibiotika: Sulfonamide, Tetracycline, Streptomycin.
→ D) Antirheumatika/Schmerzmedikamente: Gold, Indometacin, Opiate, Ibuprofen.
→ E) Psychopharmaka: Neuroleptika, Barbiturate, Disulfiram, Amphetamin-Entzug, Langzeittherapie mit Benzodiazepinen.
→ F) Steroidhormone: Kontrazeptiva, Gestagene, Glucokortikoide.
→ G) Parkinsonmedikamente: L-Dopa, Bromocriptin, Amantadin.
→ Klinik-relevant: Gerade die Involutions-/Altersdepression geht häufig mit signifikanten kognitiven Störungen einher (Pseudodemenz). Diesbezüglich ist die Diagnose nicht selten sehr schwierig und gegebenenfalls kann ein Antidepressivum verabreicht werden.
→ A) Unterscheidung:
→ 1) Depression: Beginn meist rasch und erkennbar, phasenweiser Verlauf, beständige depressive Stimmung, häufig „ Weiß-Nicht“ Antworten, regelrechtes Klagen des Patienten über die kognitiven Defizite. Der Patient ist selbstanklagend und weist Schuldgefühle auf.
→ 2) Demenz: Der Beginn ist meist unklar und schleichend, der Verlauf chronisch progredient, die Stimmungs- und Verhaltensweisen sind fluktuierend,
→ B) Der Patient versucht, seine kognitiven Defizite zu verbergen und weist häufig im weiteren Krankheitsverlauf Orientierungs- und Gedächtnisstörungen auf.
→ II: Psychiatrische Differentialdiagnose: Wichtig ist die Abgrenzung der Depression von weiteren psychiatrischen Erkrankungen:
→ 1) Schizophrenie: Es zeigen sich parathyme (d.h. Affekt-inkongruent) Wahnideen und Halluzinationen.
→ 2) Schizodepressive Störungen: Hier besteht das gleichzeitiges Auftreten von schizophrenen und depressiven Symptomen.
→ 3) Postschizophrene Depression: Hiervon spricht man, wenn die Kriterien einer depressiven Episode vorhanden sind und der Patient in den letzten 12 Monaten an einer schizophrenen Episode litt und noch Symptome aufweist.
→ 4) Anpassungsstörungen mit kurzer depressiver Reaktion: Oftmals besteht eine leichte depressive Reaktion aufgrund eines belastenden Ereignisses (Lebenskrise). Hält nicht länger als 4 Wochen an.
→ 5) Angsterkrankungen: Die Abgrenzung zur Depression ist sehr schwierig. Häufig herrscht eine Komorbidität als gemischte Angst- und Depressionserkrankung
→ 6) Somatoforme Störungen: Wie die Neurasthenie oder hypochondrische Störungen sind schwierig von der lavierten Depression zu unterscheiden. Die lavierte Depression zeigt zusätzlich die Symptome einer depressiven Verstimmung, Antriebsarmut und Freudlosigkeit.
→ 7) Und nicht zuletzt das chronische Erschöpfungssyndrom (= Chronic fatigue syndrome).
→ Klinisch-relevant: Zusätzlich ist noch die Abgrenzung zu den sekundären Depressionen infolge einer anderen Erkrankung wichtig. Sekundäre Depressionen findet man bei:
→ A) Essstörungen wie Anorexia und Bulimia nervosa.
→ B) Suchterkrankungen wie die Alkoholabhängigkeit.
→ C) Somatoformen Störungen
→ D) Angsterkrankungen, gerade bei der generalisierten Angststörung.