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→ Definition: Von einer Hyperphosphatämie spricht man bei einer Serum-Phosphatkonzentration von > 1,6mmol/l (= > 5mg/dl). Werte zwischen 1,6-2,6mmol/l (= 5-8mg/dl) werden als milde und Werte zwischen 2,9-4,8mmol/l (= 9-15mg/dl) als schwere Hyperposphatämien bezeichnet. Bei Kindern findet man phyisologischerweise erhöhte Phosphat-Plasmasiegel bis 6mg/dl (= 2,0mmol/l).
→ Physiologie: Der Normbereich des Phosphat liegt zwischen 0,8-1,6mmol/l (= 2,5-5,0mg/dl).
→ I: 700g Phosphat befindet sich im Organismus:
→ 1) 75-85% liegt im Skelett-System, 14% in den Gewebestrukturen und < 1% in den extrazellulären Flüssigkeiten vor.
→ 2) Im Blut liegt es in 55% in frei-ionisierter Form, in 30% Komplexgebunden und in 15% an Plasmaproteine gebunden vor.
→ II: Und dient vor allem:
→ 1) Der Bildung von Ester- und Lipidverbindungen,
→ 2) Der Phosphorylierung intrazellulärer Prozesse
→ 3) Der Energielieferung für ATP und GTP und
→ 4) Der Pufferung.
→ III: Regulation: Die Serumphosphatkonzentration wird in besonderem Maße bestimmt durch die Fähigkeit der Niere, das über die Nahrung aufgenommene Phosphat zu eliminieren. Dabei kann der Nierengesunde bis zu 4g/d Phosphat ausscheiden.
→ 1) Phosphat wird über den Darm aufgenommen und die überflüssige Menge renal eliminiert.
→ 2) Die Phosphat-Regulation erfolgt über das Parathormon bzw. Calcitriol.
→ A) Parathormon: Senkt die Phosphatkonzentration durch Blockade der tubulären (PO4)3--Rückresorption und fördert zugleich die Phosphatmobilisation aus dem Knochen.
→ B) Calcitriol: Steigert die Phosphatkonzentration durch Zunahme der enteralen und renalen Resorption.
→ Ätiologie:
→ I: Verminderte renale Ausscheidung bzw. tubuläre Rückresorption:
→ 1) Häufigste Ursache einer Hyperphosphatämie ist die chronische Niereninsuffizienz mit Einschränkung der GFR (ab einer Reduktion der glomerulären Filtrationsrate < 30ml/min); sie löst im weiteren Krankheitsverlauf zudem einen sekundären Hyperparathyreoidismus aus.
→ 2) Eine vermehrte renale Rückresorption besteht beim Hypoparathyreoidismus mit verminderter PTH-Konzentration bzw. Wirkung, Hyperthyreose, Thyreotoxikose, Bisphosphonate-Therapie, Akromegalie, respiratorische Azidose, etc.
→ II: Vermehrte Phosphat-Freisetzung: Entwickelt sich bei massivem Zellzerfall im Zuge:
→ 1) Eines Tumor-Lyse-Syndroms: Hierbei handelt es sich um einen ausgeprägten Zellzerfall schnell-proliferierender Tumoren im Rahmen einer Chemotherapie.
→ 2) Einer Rhabdomyolyse, schwere Hämolyse bei Transfusion (bei zu lange gelagertem Blut)
→ 3) Einer Ketoazidose, Sepsis, malignen Hyperthermie und nicht zuletzt bei
→ 4) Leukämie (unreife Lymphozyten enthalten 4x mehr Phosphat als reife).
→ III: Weitere Ursachen: Sind insbesondere exzessive orale oder parenterale Phosphatzufuhr u.U. im Zusammenhang mit einer Vitamin-D3-Therapie sowie die Pseudophosphatämie, etc.
→ Klinisch-relevant: Charakteristischweise kommt es zur Bildung von unlöslichen Kalzium-Phosphat-Komplexen mit Kalziumphosphat-Ausfällung in die Gewebe; konsekutiv entwickelt sich nicht selten eine sekundärer Hypokalzämie.
→ Klinik: Klinisch Bild ist die extraossäre Kalzifikationen mit Kalziumphosphatpräzipitaten in Muskel- und Weichteilgewebe:
→ I: Allgemeine Symptome: Pruritus, Red-Eye-Syndrom, Hyperreflexie, Tetanie bei begleitender Hypokalzämie.
→ II: Gastrointestinal: Diarrhoe, Übelkeit, Erbrechen.
→ III: Neuropsychiatrisch: Verwirrtheitszustände, Somnolenz und zerebrale Krampfanfälle (Epilepsie allgemein), etc.
→ IV: Weitere Symptome: Entwicklung eines sekundären Hyperparathyreoidismus sowie indirekt einer renalen Osteopathie infolge der gesteigerten PTH-Wirkungen (pathologische Frakturen, Knochenschmerzen).
→ Komplikationen: Infolge der chronisch erhöhten Phosphatkonzentration manifestieren sich extraossäre Kalziumphosphatablagerungen (= Verkalkung) in den verschiedenen Geweben und Gefäßen mit Stenosierung und konsekutiven Durchblutungsstörungen. Folge sind zerebrale Insulte, Myokardinfarkt und evtl. eine Calciphylaxie.
→ Diagnose: Bestimmung der Plasma-Phosphatkonzentration, der anderen Elektrolyte, insbesondere des Kalziums, der Nierenfunktion (Kreatinin und Harnstoff) und der PTH-Konzentration (jedoch ist die Phosphat-Serumkonzentration altersabhängig, was bei der Beurteilung immer berücksichtigt werden muss).
→ Therapie:
→ I: Eine Hyperposphatämie sollte frühzeitig behandelt werden, um einen sekundären Hyperparathyreoidismus zu vermeiden.
→ II: Medikamentöse Therapie:
→ 1) Orale Gabe eines Phosphatbinders wie Kalzium-Azetat oder -Carbonat, da bei Aluminiumhydroxid die Gefahr der Aluminium-Enzephalopathie besteht.
→ 2) Förderung der renalen Ausscheidung durch eine Kombinationstherapie, bestehend aus einer 0,9%igen Kochsalzlösung und einer forcierten Diurese (Furosemid).
→ 3) Bei terminaler Niereninsuffizienz sollte eine Hämodialyse (Einsatz von Dialysatoren mit hoher Phosphat-Clearance) erfolgen.
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→ Definition: Von einer Hypermagnesiämie spricht man erst bei einer Magnesium-Serumkonzentration von > 1,6mmol/l (> 4mg/dl), da leichte Hypermagnesiämien (> 1,05mmol/l) klinisch nicht relevant sind.
→ Ätiologie:
→ I: Sie entsteht zumeist infolge einer verminderten renalen Mg2+-Ausscheidung bei akuter oder chronischer Niereninsuffizienz. Zumeist manifestiert sich eine ausgeprägte Hypermagnesiämie erst bei einer Reduktion der glomerulären Filtrationsrate um > 90%.
→ II: Verschiebung von Magnesium aus dem Intrazellularraum bei Rhabdomyolyse, Verbrennung und bei der diabetischen Ketoazidose.
→ III: Weitere Erkrankungen, die mit einer Hypermagnesiämie einhergehen, sind Nebennierenrindeninsuffizienz (verursacht durch die Wirkung des Aldosterons auf Mg2+), Akromegalie, seltener Hyperparathyreoidismus, sowie medikamenteninduziert bei Mg2+-haltigen Antazida und der Lithiumintoxikation.
→ IV: Iatrogen: Bei parenteraler Magnesium-Substitution.
→ Klinik: Klinische Symptome treten zumeist erst bei einer Magensiumserumkonzentration von > 2mmol/l (= 5mg/dl) auf und umfassen:
→ I: Magnesium hemmt die Freisetzung von Acethylcholin an der motorischen Endplatte und induziert somit Muskelschwäche, Parästhesien, Hyporeflexie und schlaffe Lähmungen.
→ II: Respiratorisch: Bei schwerer Hypermagnesiämie (> 3,5mmol/l = 8,75mg/dl) ist mit einer respiratorischen Insuffizienz mit Hypoventilation bis hin zur Atemlähmung (Magnesium-Narkose) zu rechnen.
→ III: Kardial: Hypotonie, Störungen des kardialen Reizleistungssystems mit Bradykardie bis hin zum Herzstillstand (bei Serumkonzentration von 5mmol/l = 125mg/dl).
→ IV: Weitere Symptome: Sind Übelkeit, Erbrechen, Obstipation.
→ Diagnose:
→ I: Labor: Bestimmung der Serum-Magnesiumkonzentration und weiterer Elektrolyte, sowie der Nierenparameter (Kreatinin, Harnstoff) und der Mg2+-Ausscheidung im 24h-Sammelurin.
→ II: EKG: Verlängerung der QT-Zeit, schenkelblockartige Verbreiterung des QRS-Komplexes (EKG-Befund: Schenkelblock allgemein) und T-Wellen-Erhöhung.
→ Therapie:
→ I: Allgemeinmaßnahmen: Bei leichteren Formen kann eine magnesiumarme Kost sowie das Absetzten magnesiumhaltiger Pharmaka hilfreich sein.
→ II: Medikamentös:
→ 1) Bei iatrogen-verursachter Hypermagnesiämie aufgrund einer parenteralen Zufuhr wirkt Kalzium intravenös als Antidot.
→ 2) Besteht eine ausgeprägte Hypermagnesiämie mit klinischen Symptomen können u.a. die Applikation von Schleifendiuretika, Infusionen mit Kalziumglukonat (10%ig) oder Glukose-Insulin Infusionen indiziert sein.
→ 3) Bei manifester Niereninsuffizienz mit konsekutiver erhöhter Mg2+ und K+-Serumkonzentration ist eine Hämodialyse obligat.
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→ Definition:
→ I: Von einer Hypomagnesiämie spricht man bei einer Magnesium-Serumkonzentration von < 0,75-0,7mmol/l (= 1,7mg/dl). Häufig ist sie mit weiteren Elektrolytstörungen (z.B. Hypokaliämie, Hypokalzämie, metabolische Alkalose, etc.) vergesellschaftet.
→ II: Bei Magnesium handelt es sich ähnlich wie bei Phosaphat und Kalium um ein vorwiegend intrazelluläres Ion in z.B. Knochen, Muskeln, Weichteilen, Erythrozyten, etc. Der Normbereich für Magnesium liegt zwischen 0,73-1,6mmol/l (= 1,8-2,6mg/dl) und wird hauptsächlich über die Niere reguliert. Magensium ist wiederum ein Faktor für die Kaliumrückresorption im aufsteigenden Ast der Henle-Schleife und im distalen Tubulus und trägt zur Aufrechterhaltung des Kaliumspiegels bei.
→ Physiologie: Der tägliche Bedarf an Magnesium liegt bei 6-10mg/kgKG (= 0,2-0,4mmol/kg). Die physiologische Magnesium-Verteilung im Organismus beinhaltet:
→ I: 20% des im Plasma befindlichen Magnesiums ist an Plasmaprotein gebunden, 50-65% liegt in frei ionisierender From vor und in 20-25% bildet Mg2+ mit Phosphat, Oxalat und anderen Anionen Komplexe.
→ II: Zudem ist Magnesium ein wichtiger Kofaktor für Enzymreaktionen im Organismus (z.B. magnesiumaktivierte N+/K+-ATPase).
→ III: Chronische Hypomagnesiämie führt zur:
→ 1) Reduktion der Parathormon-Sekretion und
→ 2) Noch bedeutsamer zur ossären Parathormon-Resistenz.
→ Ätiologie:
→ I: Angeborene/primäre Form: Des Magnesiumverlustes:
→ 1) Autosomal-rezessiv bedingter, intestinaler Magnesiumverlust mit sekundärer Hypokalzämie und Krampfanfällen.
→ 2) Autosomal-dominant bedingte renale Hypomagnesiämie (seltene Erkrankungen).
→ 3) Familiäre Hypomagesiämie mit Hyperkalziurie und konsekutiver Nephrokalzinose infolge einer Mutation im Paracellin-1-Gen.
→ 4) Gitelman-Syndrom.
→ II: Erworbene/sekundäre Form:
→ 1) Renaler Mg2+-Verlust:
→ A) Sekundär bei Hyperkalzämie durch Hemmung der tubulären Magnesium-Rückresorption.
→ B) Hyperthyreose (z.B. Morbus Basedow, SD-Autonomie),
→ C) Hyperaldosteronismus, Hypoparathyreoidismus,
→ D) Diabetes mellitus (Glukosurie bei D.m. Typ 1 /D.m. Typ 2),
→ E) Metabolische Azidose, aber auch aufgrund einer Alkoholabhängigkeit.
→ F) Medikamenten-induziert: Diuretika (z.B. Schleifendiuretika, Thiazide, Ausnahme sind K+-sparende Diuretika), Aminoglykoside, Cyclosporin A, Cisplatin, etc.
→ 2) Enteraler Mg2+-Verlust: Laxantienabusus, Diarrhoe, Malassimilationssyndrom, Colitis ulcerosa, villöse Kolonadenome (Siehe kolorektales Adenom), Zustand nach Magen-Bypass-Operationen, etc..
→ 3) Verminderte Mg2+-Zufuhr:
→ A) Mangelernährung (z.B. Anorexia nervosa),
→ B) Alkoholabhängigkeit und Delirium tremens mit der Gefahr der respiratorischen Alkalose und konsekutiver Magnesium-Verschiebung in die Zelle etc.
→ 4) Verteilungsstörungen: Bei akuter Pankreatitis und infolge einer Insulintherapie.
→ Klinik: Die klinischen Zeichen treten meist erst bei einer Mg2+-Plasmakonzentration von < 0,5mmol/l auf mit folgenden Symptomen:
→ I: Neuropsychiatrisch: Schwächegefühl, Schwindel, evtl. Reizbarkeit, Depression, Konzentrationsstörungen, neuromuskuläre Störungen Tremor, Parästhesien, Magnesiummangeltetanie und Ataxie sowie erhöhte neuromuskuläre Erregbarkeit mit Hyperreflexie (Chvostek- und Trousseau-Zeichen), Faszikulationen und Krampfanfällen bis hin zum Koma.
→ II: Gelenkbeteiligung durch Einlagerung von Kalziumpyrophosphatdihydrat-Kristallen in die Gelenke im Rahmen einer Chondrokalzinose.
→ III: Kardial:
→ 1) Extrasystolen, atriale und ventrikuläre Arrthythmien (z.B. Vorhofflimmern; Torsades-pointes-Tachykardie), QT-Verlängerung, Entwicklung einer Angina pectoris aufgrund einer erhöhten Koronararterienspasmen-Bereitschaft.
→ 2) EKG-Veränderungen: Werden vor allem bei Serummagnesiumspiegel < 0,6mmol/l beobachtet mit:
→ A) Senkung der ST-Strecke,
→ B) T-Wellen-Abflachung und
→ C) Evtl. QT-Verlängerung, selten jedoch zeigt sich die Entwicklung einer Torsades-de-pointes-Tachykardie (EKG-Befund-Torsades-de-Pointes-Tachykardie).
→ Klinisch-relevant:
→ A) Eine Hypomagnesiämie steigert die Digitalis-Empfindlichkeit (siehe auch Digitalisintoxikation) signifikant.
→ B) Meist besteht eine begleitende Hypokaliämie und/oder Hypophosphatämie.
→ C) An eine Hypomagensiämie sollte immer dann gedacht werden, wenn die Patienten eine Hypokalzämie, therapierefraktäre Hypokaliämie, chronische Diarrhoe sowie ein vermehrtes Auftreten von ventrikulären Arrhythmien aufweisen.
→ Diagnose:
→ I: Labor:
→ 1) Bestimmung der Plasmaelektrolyte (Mg2+, K+, Ca2+, etc.), der Glukose, Pankreasenzyme (Lipase, Amylase) und des Säure-Basen-Haushaltes.
→ 2) Zur Differenzierung zwischen intestinalem und renalem Magnesiumverlust Bestimmung der Magnesium-Konzentration im 24h-Sammelurin (> 1mmol/l Mg2+ spricht für einen renalen Verlust).
→ II: EKG: ST-Strecken-Senkung, T-Wellen-Abflachung, QT-Verlängerung.
→ Therapie: Indikationen für eine Magnesiumtherapie sind insbesondere, bekannte Hypomagnesiämie, erhöhter Magnesiumbedarf beim Sport, während der Schwangerschaft und bei Patienten auf der Intensivstation sowie im Rahmen einer Präklampsie bzw. Eklampsie und bei bestehenden Muskelkrämpfen.
→ I: Allgemein Maßnahmen:
→ 1) Behandlung der Grunderkrankung,
→ 2) Bei milden Formen kann eine magnesiumreiche Kost mit Obst, Gemüse und Nüssen erfolgen.
→ II: Medikamentöse Therapie:
→ 1) Orale Magnesium-Applikation mit einer Dosierung von 1-2x 4-9mg pro Tag.
→ 2) Intravenöse Substitution mit einer Dosierung von 25mmol Magnesiumsulfat in einer 1000ml 5%igen Glucose-Infusion.
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- Geschrieben von: CF
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→ Definition: Von einer Hypophosphatämie spricht man, wenn die Serum-Phosphatkonzentration unter 0,8mmol/l liegt (physiologische Serum-Phosphat-Konzentration 0,8-1,6mmol/l (= 2,5-5,0mg/dl). Klinisch zeigen sich zumeist erste Symptome bei einem Phophatspiegel < 0,6mmol/l. Bei einer ausgeprägten Hypophosphatämie (< 0,3mmol/l = 1mg/dl) können sich schwere funktionelle und morphologische Organschäden ausbilden.
→ Physiologie:
→ I: Im menschlichen Organismus befinden sich ca. 700g Phosphat, wovon 80% im Knochen gespeichert wird und sich die restlichen 20% auf den Intrazellular- (> 99%) bzw. Extrazellularraum (0,1%) verteilen.
→ II: Phosphat hat eine wichtig Bedeutung im Energiestoffwechsel (ATP) und in der Signaltransduktion.
→ III: Phosphat wird über die Nahrung (z.B. Käse, Wurst, Fleisch, Milch etc.) aufgenommen und insbesondere über die Niere, in geringen Mengen auch über den Darm eliminiert.
→ IV: Die Phosphathomöostase wird insbesondere durch 2 Hormone reguliert:
→ 1) Parathormon: Steigert die Freisetzung von Phosphat aus dem Knochen und vermindert die renale Rückresorption.
→ 2) Vitamin D: Kalzitriol dagegen steigert sowohl die renale als auch die enterale Reabsorption von Phosphat.
→ Ätiopathogenese:
→ I: Wichtige Pathomechanismen bei der Entstehung der Hypophosphatämie sind u.a.:
→ 1) Umverteilung vom Extrazellular- in den Intrazellularraum.
→ 2) Verminderte enterale Rückresorption und
→ 3) Vermehrte renale Elimination.
→ II: Nach der Dauer der Entwicklung unterscheidet man zwischen einer:
→ 1) Akuten Form: Entwicket sich u.a. bei Sepsis, respiratorischer Alkalose, mehrwöchiger parenteraler Ernährung ohne Phosphatsubstitution und hochdosierter Insulingabe z.B. beim Coma diabeticum durch Umverteilung des Phosphats vom Extrazellular- ind den Intrazellularraum.
→ 2) Chronische Form: Häufig bei einer Alkoholabhängigkeit oder Anorexia nervosa aufgrund einer verminderten bzw. fehlenden Phosphatzufuhr, reduzierten Resorption durch die Einnahme von magnesium- oder aluminiumhaltigen Antazida, chronischer Diarrhö, Malabsorption, Vitamin-D-Mangel oder eines gesteigerten renalen Verlustes bei Diuretikatherapie (z.B. Schleifendiuretika, etc.), Hypokaliämie, Hypomangnesiämie, osmotischer Diurese bei Glukosurie (BZ > 10mmol/l = 180mg/dl), Fanconi-Syndrom, Hyperparathyreoidismus, bei der Parathoromon zu einer vermehrten Kalziumrückresorption und Phosphaturie führt, etc.
→ Klinisch-relevant: Weitere Ursachen für die Manifestation einer Hypophosphatämie ist eine Störung der Phosphatonine (= phosphaturisch wirkende Peptide); hierzu zählt:
→ A) X-chromosomale Hypophosphatämie: (= Phosphatdiabetes) Familiär oder sporadisch auftretende Erkrankung mir Störung der Phosphatrückresorption im proximalen Tubulus.
→ B) Autosomal-rezessive Hypophosphatämie mit Defekt der renalen Rückresorption.
→ C) Onkogene hypophosphatämische Osteomalazie: Hierbei findet eine vermehrte FGF-23-(= Phosphatonine)-Synthese bei z.T. benignen, insbesondere aber malignen Neoplasien überwiegend mesenchymalen Ursprungs (z.B. Fibrome, Hämangiome, etc.) statt. Folge ist eine vermehrte Sezernierung des Polypeptids, das in der Niere zu einer vermehrten Phophatelimination führt. Nach Resektion des Tumors bildet sich die klinische Symptomatik vollständig zurück.
→ Klassifikation: Die Hypophosphatämie wird nach ihrer Serumkonzentration unterteilt in:
→ Klinik: Das klinische Bild der Hypophosphatämie und später auch der intrazellulär verminderten Phosphatkonzentration ist geprägt durch den Mangel an energiereichen Phosphaten (ATP) und betrifft nachfolgende Organsysteme:
→ I: Muskulatur: Proximal betonte Myopathie, Dysphagie und Darmparalyse mit möglicher Gefahr der Entwicklung einer Rhabdomyolyse und konsekutivem akutem Nierenversagen. Bei Beteiligung der Atemmuskulatur, insbesondere des Diaphragma, manifestieren sich Symptome wie Ateminsuffizienz, alveoläre Hypoventilation bis hin zum Atemstillstand.
→ Klinisch-relevant: Hypophosphatämische Patienten sind postoperativ deutlich länger beatmungspflichtig.
→ II: Herz: Hierbei steht die Entwicklung von Kardiomyopathien mit konsekutiven Herzrhythmusstörungen und Herzinsuffizienz im Vordergrund.
→ III: ZNS: Mit Parästhesien, Tremor, Ataxie, Krampfanfällen (Epilepsie allgemein), metabolischer Enzephalopathie mit sehr unterschiedlichen neurologischen und psychiatrischen Veränderungen (z.B. Verwirrheitszustände, Delir, etc.) bis hin zum Koma.
→ IV: Blutbild: Bei der Hypophosphatämie besteht häufig eine leichte Hämolyseneigung, eine Leukozytenfunktionsstörung mit erhöhter Infektanfälligkeit sowie eine erhöhte Blutungsneigung aufgrund einer Plättchenfunktionsstörung und verminderten Thrombozytenüberlebenszeit.
→ V: Am Knochen ist die Osteomalazie (phosphopeische Rachitis) das charakteristische Symptom.
→ Klinisch-relevant:
→ A) Sinkt der 2,3-Diphosphoglyzeratspiegel in den Erythrozyten, nimmt die O2-Affinität zu, sodass der Sauerstoff in der Peripherie vermindert abgegeben wird und eine Gewebehypoxämie entsteht.
→ B) Verringerung des intrazellulären ATP-Spiegels mit gleichzeitiger Beeinträchtigung der Zellfunktion, die auf die Bereitstellung von energetischem Phosphat angewiesen sind.
→ C) Eine schwere Hypophosphatämie kann sich insbesondere bei der diabetischen Ketoazidose innerhalb von 24-48 Stunden entwickeln.
→ Diagnose: Bei der Diagnose der Hypophosphatämie stehen insbesondere die Bestimmung der Phosphatkonzentration im Serum und im Urin im Vordergrund. Des Weiteren sollte die Kontrolle von Ca2+, Mg2+, K+, der Nierenparameter, des Parathoromons, evtl. des Vitamin-D-Spiegels sowie eine Blutgasanalyse (Normwerte der BGA) erfolgen. Wegweisend für die Ursachen-Findung ist die Bestimmung der Urinphosphatausscheidung im 24h-Urin. Eine Phosphatkonzentration von > 50mmol/24h spricht für einen renalen Phosphatverlust.
→ Therapie:
→ I: Im Vordergrund steht die kausale Therapie der Grunderkrankung.
→ II: Symptomatische Therapie:
→ 1) Bei milderen Formen reicht zumeist durch die Einnahme von Milch und Milchprodukten (Milch stellt eine gute Phosphatquelle dar; 1l Milch enthält 1g Phosphat) die Phosphatzufuhr aus.
→ 2) Bei schwerer Hypophosphatämie und unter Beatmung ist eine parenterale Phosphat-Applikation von 4-8mmol/h über 6 Stunden (24-48mmol) indiziert. Hierbei sind regelmäßige engmaschige Kalzium- und Phosphat sowie Kreatininkontrollen obligat.
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→ Definition:
→ I: Von einer Hypokaliämie spricht man bei einer Kaliumserum-Konzentration von < 3,8 mmol/l (bzw. 3,5mmol/l) (physiologische Serum-Kaliumkonzentration 3,8-5,0mmol/l) von einer schweren Hypokaliämie bei Werten unter 2,5mmol/l; sie stellt die häufigste Elektrolytstörung dar (die K+-Konzentration muss immer im Zusammenhang mit dem pH-Wert betrachtet werden; Änderungen des pH-Wertes um 0,1 führen zur gegensinnigen Veränderung der Kalium-Konzentration).
→ II: Erst Serum-Kalium-Konzentrationen < 3,0 mmol/l führen zu klinischen Symptomen.
→ Ätiologie:
→ I: Verminderte Kaliumzufuhr,
→ II: Verteilungshypokaliämie: Durch Verschiebung des extrazellulären Kaliums in den Intrazellularraum bei:
→ 1) Metabolischer Alkalose,
→ 2) Therapie mit Insulin und Katecholaminen (z.B. ß2-Sympathomimetika, Theophyllin); sie verursachen einen K+-Transfer in die Zelle.
→ 3) Gesteigerte Zellproliferation infolge einer Vitamin-B12-Therapie bei perniziöser Anämie.
→ III: Vermehrter enteraler Verlust: Bei Erbrechen, chronischem Diarrhoe, Mukorrhrö (= gesteigerte enterale Schleimabsonderung bei villösen kolorektalen Adenomen) und chronischem Laxantienabusus (häufigste Ursache einer Hypokaliämie ist der Laxantienmissbrauch).
→ IV: Renaler Kaliumverlust: Magnesium ist eine wichtiger Faktor bei der tubulären Kaliumrückresorption im aufsteigenden Ast der Henle-Schleife und im distalen Tubulus und dient zusätzlich zur Aufrechterhaltung des intrazellulären Kaliumspiegels.
→ 1) Primärer K+-Verlust: Infolge von Nierenerkrankungen wie z.B. chronisch-interstitielle Nephritiden, renal-tubulärer Azidose, polyurische Phase im Zuge eines akuten Nierenversagens, Bartter-Syndrom, Gitelman-Syndrom, etc.
→ 2) Sekundärer K+-Verlust: Diuretikatherapie (z.B. Schleifendiuretika, Thiazide), die eine verminderten tubulären Natriumrückresorption induziert und neben dem großen Flüssigkeitsverlust auch zum Kaliumverlust führt. Weitere pharmakologische Substanzen sind insbesondere die Mineralo- und Glukokortikoiden.
→ Klinisch-relevant: Hypokaliämie, die mit einer begleitenden arteriellen Hypertonie vergesellschaftet sind, können durch nachfolgende Erkrankungen verursacht werden:
→ A) Exogenes und endogenes Cushing-Syndrom.
→ B) Adrenogenitales Syndrom: Hierbei manifestiert sich eine exzessive Kortikosteron- und Desoxykortikosteron-Synthese aufgrund eines 11-ß-Hydroxylase- bzw. 17-ß-Hydroxylase-Mangels (salzretinierender Typ).
→ C) Liddle-Syndrom: Es handelt sich um eine autosomal-dominant vererbte Erkrankung mit Mutation des epithelialen Natrium-Kanals.
→ D) 11-ß-Hydroxysteroid-Dehydrogenase-Mangel: Die 11-ß-Hydroxysteroid-Dehydrogenase wandelt Kortisol zu Kortison um, welches den Mineralkortikoid-Rezeptor im Vergleich zum Kortisol nur gering stimuliert. Folge ist ein Mineralkortikoid-Exzess. Ein angeborener Enzym-Mangel oder erworbene Enzymhemmungen durch Carbennoxolon oder einen Lakritz-Abusus (Glyzyrrhizinsäure) können zur Hypokaliämie mit arterieller Hypertonie führen.
→ E) Conn-Syndrom: Autonome Aldosteron-Produktion mit konsekutiver Natrium- und Wasser-Retention aufgrund eines Aldosteron-produzierenden Adenoms oder einer bilateralen NNR-Hyperplasie. Charakteristisch ist eine verminderte Reninsekretion.
→ F) Renovaskuläre Hypertonie: Infolge einer Nierenarterienstenose. Es besteht eine Minderperfusion der Niere mit konsekutivem Anstieg der Renin- und Aldosteronsekretion.
→ G) Maligne Hypertonie: Auch hier wird das Nierenparenchym infolge einer Arterionekrose vermindert durchblutet.
→ H) Kontrazeptiva (z.B. Östrogen-Präparate) können die Reninsekretion und Aldosteronproduktion steigern.
→ Klinik: Je schneller sich die Hypokaliämie einstellt, um so ausgeprägter sind die Symptome; das Gehirn bleibt aufgrund der Blut-Hirn-Schranke weitgehend von der Kaliumstörung geschützt:
→ I: Allgemeinsymptome: Müdikgeit, Abgeschlagenheit und Schwächegefühl.
→ I: Muskulatur: Muskelschwäche, Faszikulationen, Muskelkrämpfe, Adynamie bis hin zu Paresen, die zu Hypoventilation und Atemstillstand führen können.
→ II: Gastrointestinal: Atonie der glatten Muskulatur mit Obstipation und paralytischem Ileus.
→ III: Kardial: Evtl. Ausbildung von Herzrhythmusstörungen mit supraventrikulären ES und ventrikulären Extrasystolen sowie supraventikulären und ventrikulären Tachykardien (bis hin zum Kammerflimmern), aber auch orthostatischer Hypotonie.
→ Klinisch-relevant: Bei Hypokaliämie besteht eine Digitalis-Unverträglichkeit mit vermehrter Gefahr der Digitalisintoxikation.
→ IV: Neurologisch: Verminderung bis Verlust der Eigenreflexe.
→ V: Renal: Infolge der Hypokaliämie manifestiert sich eine Reduktion der Aquaporine, sogenannte Wasserkanäle, die bei der Harnkonzentrierung eine wichtige Rolle spielen. Folge ist eine verminderte Harnkonzentrierung mit Polyurie und Polydipsie.
→ VI: Evtl. Ausbildung einer metabolischen Alkalose.
→ Klinisch-relevant: Bei dauerhafter schwerer Hypokaliämie kann sich eine hypokalämische Nephropathie (Tubulopathie: ADH-refraktär; siehe auch renaler Diabetes insipidus) mit Polydipsie und Polyurie ausbilden.
→ Diagnose:
→ I: Anamnese (Laxantienabusus) und klinische Untersuchung (Adynamie, verminderte Eigenreflexe).
→ II: Labor:
→ 1) Serumkalium < 3,5mmol/l,
→ 2) Bestimmung der Kaliumkonzentration im Urin. Konzentrationen > 25mmol/l sprechen für einen renalen Kaliumverlust (< 25mmol/l für einen gastrointestinalen Verlust).
→ 3) Weitere Untersuchungen: Sind u.a. die BGA zum Ausschluss einer metabolische Alkalose sowie ggf. eine endokrinologische Diagnostik mit Bestimmung von Renin und Aldosteron im Serum.
→ III: EKG: (siehe auch EKG-Befund Hypokaliämie):
→ 1) Abflachung der ST-Strecke sowie Abflachung bzw. Negativierung der T-Welle.
→ 2) Betonte U-Welle (U-Welle: Physiologischer Ausschlag im Anschluss an die T-Welle. Ihre Entstehung ist nicht genau bekannt. Sie ist am besten in den Ableitungen V2, V3, sowie in den Extremitätenableitungen I und aVL nachweisbar), sowie eine TU-Verschmelzung.
→ 3) Evtl. stellt sich eine Verlängerung der QT-Zeit dar (siehe auch Long-QT-Syndrom).
→ Differenzialdiagnose: Von der Hypokaliämie müssen insbesondere nachfolgende Erkrankungen abgegrenzt werden:
→ I: Nierenarterienstenose/Maligne Hypertonie: Es besteht eine Hypokaliämie, Hyperreninämie sowie eine arterielle Hypertonie.
→ II: Conn-Syndrom: Mit Hypokaliämie, arterielle Hypertonie, Hyporeninämie; das Aldosteron ist erhöht.
→ III: 11-ß-Hydroxylase-Mangel: Hypokaliämie, arterielle Hypertonie, Renin und Aldosteron sind im Normbereich.
→ IV: Refeeding-Syndrom.
→ Therapie:
→ I: Absetzten der Laxantien, evtl. Umstellung auf ein kaliumsparendes Diuretikum.
→ II: Kaliumreiche Kost wie Obstsäfte, Bananen oder Nüsse,
→ III: Orale Kaliumsubstitution: Gabe von Kalinor Brause 40-100mg/d. Es sollte aufgrund der Ulzerationsgefahr zu oder nach den Mahlzeiten mit ausreichend Wasser eingenommen werden.
→ IV: Kaliumchlorid: (intravenös) Maximal dürfen 20mmol/h und 150mg/d appliziert werden. Kaliumchlorid gleicht eine gleichzeitig bestehende metabolische Alkalose zusätzlich aus. Über die peripheren Venen darf Kalium aufgrund seiner Venotoxizität nur verdünnt (40mmol/l) verabreicht werden.
→ Klinisch-relevant:
→ A) 1mmol Kaliumdefizit im Extrazellularraum (Serum) entspricht einem Mangel von 100mmol Kalium.
→ B) Besteht bei einer Azidose eine Hypokaliämie muss das Kaliumdefizit zuerst ausgeglichen werden, da ansonsten die Hypokaliämie verstärkt wird.